1. November 2019

Verwaltungsgericht weist Greenpeace-Klimaklage ab, hält aber Klimaklagen grundsätzlich für zulässig



Klimaschutz als Menschenrecht anerkannt, aber Grundrechte der Bauernfamilien noch nicht beeinträchtigt. Klägerinnen und Kläger werten Urteil als Teilerfolg.

Berlin, 31.10.2019 – Der heutige Verhandlungstermin zur Klimaklage von drei Bauernfamilien und Greenpeace endete mit einer Abweisung der Klage von insgesamt 13 Klägerinnen und Klägern. Nach fünfstündiger Verhandlung entschied das Berliner Verwaltungsgericht, dass die Klage auf mehr Klimaschutz zwar grundsätzlich zulässig sein könnte, aber das Gericht in diesem konkreten Fall keine Rechtsverletzung sehen kann. Die Grundrechte der Klägerinnen und Kläger können aber Grundlage für das Einklagen vom Klimaschutz sein. Die Berufung wurde zugelassen. Ob sie diese in Anspruch nehmen, entscheiden die Kläger nach Vorlage des schriftlichen Urteils.

Die beklagte Bundesregierung hatte beantragt, die Klage abzuweisen, weil es sich beim Klimaschutz um einen politischen Auftrag handelt, und die Grundrechte grundsätzlich nie von der Erderhitzung verletzt werden könnten. Das Gericht ist der Bundesregierung nicht gefolgt, kann nur momentan nicht erkennen, dass das 2007 beschlossene Klimasschutzziel genau im Jahr 2020 erreicht werden müsse. Das Gericht bat um Verständnis – es müsse den Handlungsspielraum der Regierung in diesem speziellen Fall wahren.

Die Verhandlung wurde im Vorfeld begleitet von einer friedlichen Solidaritätskundgebung vor dem Gerichtsgebäude mit rund 100 Teilnehmern. Von der Nordseeinsel Pellworm waren 40 Unterstützerinnen und Unterstützer mit einem eigens gecharterten Bus angereist, aus Brandenburg kamen Landwirte mit ihren Traktoren. Zeitgleich übergab Greenpeace am Bundeskanzleramt eine von 134,867 Unterstützerinnen und Unterstützern der Klimaklage unterzeichnete Petition.

Es kommentieren:
Anike Peters, Greenpeace-Klimaexpertin und Initiatorin der Klimaklage:
„Das Gericht hat heute bestätigt: Klimaschutz ist  Grundrechtsschutz. Wir werden jetzt prüfen, welchen Weg wir mit unserer Klage weiter einschlagen werden. Denn wir sind der Ansicht, dass das Gericht heute unter seinen Möglichkeiten geblieben ist.“

Silke Backsen, Klägerin und Bio-Landwirtin von der Insel Pellworm:
„Ich bin enttäuscht von dieser halbherzigen Entscheidung. Das Gericht hat nicht das getan, was gut für unsere Zukunft ist. Mit diesem Urteil wird keine Tonne CO2 eingespart. Wir sind schon jetzt von der Klimakrise betroffen – ganz konkret. Wie schlimm soll es denn noch werden?“

Roda Verheyen, Rechtsanwältin der Klagepartei:

„Erstmals hat ein deutsches Gericht festgestellt, dass Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern durch die Folgen der Erderwärmung verletzt sein können. Zum heutigen Zeitpunkt nahm das Gericht zwar noch keine Verletzung an, für die Zukunft lässt sich das jedoch nicht ausschließen. Festzuhalten bleibt: Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Die deutsche Klimaschutzpolitik muss sich danach richten.“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...