DUH
veröffentlicht Ergebnisse neuer Abgasmessungen an einem Euro 6
Diesel-SUV von Fiat Chrysler Automobiles – Bei allen Abgasmessungen
in verschiedenen Prüfzyklen mit warmem Motor wurde eine 11 bis 22-fache
Grenzwertüberschreitung gemessen – Nach Veröffentlichung stark erhöhter
NOx-Emissionen durch die DUH beim Opel Zafira, Renault Espace und bei
einer Mercedes C-Klasse hat die französische
Regierung einen ersten Rückruf bei Renault bekannt gemacht und Daimler
sowie Opel wegen festgestellter hoher NOx-Werte vorgeladen –
Autominister Dobrindt feiert fünfjähriges Nichtstun und verhindert
weiterhin die Aufklärung des Diesel-Abgasskandals
Berlin, 9.2.2016:
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat zum vierten Mal Stickoxid
(NOx)-Emissionen eines
Diesel-Pkw bei der Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule in der
Schweiz untersuchen lassen. Getestet wurde ein Fiat SUV 500X 2.0 MJ
(Euro 6, EZ 2015, 4.400 km Laufleistung). Bei allen auf dem
Rollenprüfstand gefahrenen Tests mit betriebswarmem Motor wies
der Fiat sehr hohe NOx-Emissionen auf. Die Werte überschreiten den
geltenden Grenzwert für Euro 6 Fahrzeuge um das 11 bis mindestens
22-fache mit einem ausgewiesenen Wert von 1.777 mg NOx/km. Bei den
Messungen dieses SUV wurde häufig der Messbereich des Labormessgerätes
für Stickoxide überschritten, die tatsächlichen NOx-Emissionen waren
somit noch höher.
Insgesamt
wurden acht Prüfungen, davon vier nach dem Prüfzyklus (NEFZ), auf dem
Rollenprüfstand gefahren. Nur bei den beiden NEFZ-Messungen im „kalten“
Fahrzeugzustand und mit
einer speziellen Konditionierung am Vortag wurden wie erwartet mit 133
bzw. 105 mg NOx/km relativ niedrige Werte nahe dem Euro 6 Grenzwert
gemessen. Alle Messungen im betriebswarmen Zustand, bei dem
normalerweise die Abgasemissionen niedriger ausfallen, zeigten
extreme Erhöhungen. Interessanterweise meldete das Fahrzeug während
oder nach den Tests keinen so genannten „OBD-Fehler“ (On-Board-Diagnose)
über die Warnlampe.
„Die
gemessenen NOx-Emissionen des Fiat 500X stellen einen klaren Verstoß
gegen das EU-Zulassungsrecht dar. In den vergangenen vier Monaten haben
wir bei Opel, Renault, BMW
und Mercedes stark erhöhte Stickoxid-Emissionen und zum Teil implizit
eingestandene Abschalteinrichtungen aufgedeckt. Mit dem Fiat 500X reiht
sich nun ein italienisch-amerikanischer Automobilkonzern in den Kreis
der schmutzigen Dieselhersteller ein. Damit
mutiert der VW-Skandal endgültig zum Diesel-Skandal nicht nur deutscher
Hersteller“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer
Jürgen Resch. „Die verantwortlichen Vorstände der Unternehmen,
die in vollem Wissen der extrem erhöhten Stickoxid-Emissionen unter
normalen Fahrbedingungen derart schmutzige Diesel-Pkw verkaufen, machen
sich tausendfacher vorsätzlicher Körperverletzung
mit Todesfolge schuldig.“
Die
von der DUH bei den Autoherstellern Opel, Renault und Mercedes
veröffentlichten Verstöße gegen die EU-Typzulassung, die eine
funktionierende Abgasreinigung „in normal use“
vorschreibt, wurden zwischenzeitlich mehrfach bestätigt. Die DUH
übermittelte dem BMVI und dem KBA weitere in Prag durchgeführte
NOx-Messungen an einem Opel Zafira, die eine unterschiedliche
Ansteuerung der Abgasrückführung sowie der Harnstoff-Einspritzung
belegen. Dies erklärt auch die hohen Stickoxid-Werte dieses Fahrzeuges
bei Straßenmessungen.
Das
Dobrindt-Ministerium zeigt auch weiterhin kein Interesse an einer
Aufklärung des Diesel-Abgasskandals. Die DUH erhält seit September 2015
nicht einmal Eingangsbestätigungen
für die übersandten Schreiben und übermittelten Abgasmessungen. Alle
Anfragen um Gespräche auf der politischen Ebene oder Arbeitsebene wurden
und werden weiterhin entweder abgelehnt bzw. gar nicht erst
beantwortet.
Dass
es auch anders geht, zeigt die amerikanische Umweltbehörde EPA, mit der
sich die DUH in einem engen Austausch befindet und die zuletzt am
gestrigen 8.2.2016 zum persönlichen
Gespräch und Informationsaustausch mit dem EPA Direktor Christopher
Grundler in die amerikanische Botschaft lud. Auch die EU-Kommission, der
Umweltausschuss des Europäischen Parlaments sowie verschiedene
Mitgliedsstaaten der EU zeigen im Gegensatz zur deutschen
Bundesregierung großes Interesse an der Aufklärung des Abgasskandals.
In
den Niederlanden wurde die Mercedes C-Klasse C220 CDi BlueTec Mitte
Januar als der schmutzigste Diesel-Pkw auf der Straße bei einer
Vergleichsuntersuchung durch TNO im Auftrag
des dortigen Umweltministeriums enttarnt. Die DUH hat zwischenzeitlich
einen Antrag auf Aberkennung der Typzulassung für dieses Fahrzeug beim
KBA gestellt. In Belgien ermitteln die Behörden gegen Opel aufgrund von
Recherchen des belgischen Fernsehens zu ungenehmigten
Software-Updates. Und die französische Umweltministerin Royal forderte
bereits im Januar von Renault eine funktionierende Emissionsminderung
auch bei niedrigeren Temperaturen als im Prüflabor und gab einen ersten
Rückruf bei Renault bekannt. In der vergangenen
Woche musste in Frankreich schließlich die Daimler AG hohe
NOx-Emissionen an Mercedes-Pkw erklären, am morgigen Mittwoch ist nach
Informationen die Adam Opel AG vorgeladen.
In
Deutschland, dem Ursprungsland des Diesel-Abgasskandals, blickt das
Bundesverkehrsministerium in dieser Woche auf ein besonderes Jubiläum:
Am 11. Februar 2011, also bereits
vor fünf Jahren, informierte die DUH das für die Typzulassung von
Volkswagen zuständige Ministerium über detaillierte Messungen stark
erhöhter NOx-Emissionen eines Euro 6 VW Passat, einem Fahrzeug mit dem
berüchtigten E189-Motor.
„Um
wie viel kleiner wäre der VW-Skandal ausgefallen, hätten die Beamten
die Hinweise der DUH ernst genommen und Untersuchungen bereits Anfang
2011 durchgeführt? Die ministerielle
Untätigkeit setzt sich bis heute fort. Die von der DUH in eigenen Tests
festgestellten Überschreitungen der NOx-Emissionen bei einem Opel
Zafira, einem Renault Espace und einem Mercedes-Benz wurden an das BMVI
übermittelt. Doch anstatt zu diesen Verstößen
öffentlich Stellung zu beziehen und durch Entzug von Typzulassungen und
Rückrufanordnungen Recht und Gesetz durchzusetzen, hält das Ministerium
die ihm seit Anfang November vorliegenden Abgaswerte anderer Hersteller
weiter geheim.“
Der international tätige Verkehrsexperte
Axel Friedrich erklärt: „Die zwischenzeitlich festgestellten
extremen Überschreitungen der NOx-Emissionen bei einem Opel Zafira,
einem Renault Espace, einer Mercedes-Benz C-Klasse und nun einem
Fiat-SUV sind technisch nicht plausibel und weisen auf
Abschalteinrichtungen hin. Doch anstatt die vorgelegten Messungen zum
Anlass für eine Überprüfung auf das Vorhandensein von
Abschalteinrichtungen zu nehmen, kämpft die Bundesregierung für
Aufweichungen zukünftiger Abgasgrenzwerte für Diesel-Pkw in Europa -
zuletzt in Straßburg bei der Abstimmung über die Einführung der real
driving emissions am vergangenen Mittwoch im EU-Parlament.“
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