26. Dezember 2022

Peter Kropotkin - Anarchistische Moral - www.anarchismus.at

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Die Geschichte menschlichen Denkens gleicht seit Jahrhunderten einer abgelaufenen und wieder frisch aufgezogenen Uhr. Nach einer langen Periode geistigen Schlafes kommt ein Augenblick des Erwachens. Der erwachende Gedanke sprengt alsdann die Ketten, in die ihn alle interessierten Elemente - Regierungen, Gesetzmacher, Pfaffen - so sorgfältig geschmiedet hatten. Er unterwirft einer strengen Kritik alles, was man ihm unterwiesen, entblößt alle religiösen, politischen, gesetzlichen und sozialen Vorurteile, unter denen er vegetierte; er forscht auf neuen, unbekannten Wegen, bereichert  unser Wissen und legt den Grund zu einer neuen Wissenschaft.

Aber die eingewurzelten Feinde jedweden Denkens - die Regierungen, Gesetzmacher, Pfaffen - erheben sich bald von ihrer Niederlage. Sie vereinigen nach und nach ihre zerstreuten Kräfte, sie verjüngen ihren Glauben, ihre Gesetze, indem sie sie einigermaßen dem Zeitgeist entsprechend ummodeln und das Sklavische des Charakters und Denkens, welches sie selbst so vorzüglich gezüchtet, die momentane Desorganisation der Gesellschaft, das Bedürfnis nach Ruhe der Einen, den Bereicherungsdurst der Anderen, die getäuschten Hoffnungen der Dritten - besonders die getäuschten Hoffnungen - beschützend, gehen sie von neuem behutsam an ihr Werk, indem sie sich vor allem der Jugenderziehung bemächtigen.

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