7. November 2020

Zeitenwende in der US-Klimapolitik


Mit Joe Biden als künftigem US-Präsidenten vergrößern sich die Chancen für eine ambitionierte internationale Klimapolitik gewaltig ‒ zweitgrößter CO2-Emittent der Welt wird kurz nach Ausstieg wieder ins Pariser Klimaabkommen zurückkehren

Bonn/Berlin (7. Nov. 2020). Während US-Präsident Trump trotz verlorener Wahl noch mit juristischen Mitteln seinen Machterhalt zu sichern versucht, setzt die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch auf das Funktionieren der demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen in den USA und stellt sich daher auf eine Präsidentschaft Joe Bidens ein. Damit steht die Klimapolitik in den USA und auch weltweit vor einer Zeitenwende.

Der künftige US-Präsident Joe Biden hat weitreichende Maßnahmen für eine ambitionierte Klimapolitik angekündigt und will am "Tag eins" seiner Amtszeit wieder ins Pariser Klimaabkommen zurückkehren. "Der Wechsel an der Spitze der USA vergrößert die Chancen für wirkungsvolle internationale Klimapolitik massiv", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Vier weitere Jahre Trump hätten bedeutet, dass eine Begrenzung der globalen Erderhitzung auf maximal 1,5 Grad kaum noch möglich gewesen wäre. Nun aber kann eine völlig neue Dynamik entstehen, insbesondere wenn neben der EU und China nun auch die USA bereit wären, deutlich mehr Verantwortung für ambitionierten Klimaschutz zu übernehmen. Dazu bedarf es allerdings nicht nur Ankündigungen, sondern auch belastbarer Umsetzungsstrategien."

Biden will - beginnend mit einem zwei Milliarden US-Dollar großen Investitionspaket - den Stromsektor der USA bis 2035 CO2-neutral und das gesamte Land bis 2050 klimaneutral machen. Darüber hinaus zeigt er anders als Trump große Bereitschaft, im Kontext der UN-Klimaverhandlungen, der G20 und der G7 mit anderen großen Emittenten Allianzen für ambitionierten Klimaschutz zu schmieden.

Möglicherweise fehlende Mehrheit im Senat als Hürde
Ohne Mehrheit im Senat und mit den neuen Mehrheitsverhältnissen im Supreme Court ist der Spielraum des Präsidenten für umfassende Klimagesetze im eigenen Land allerdings begrenzt. Dies gilt sogar dann, wenn bei den wahrscheinlich anstehenden beiden Stichwahlen in Georgia noch zwei Demokraten gewählt werden sollten - die Mehrheitsverhältnisse im Senat wären auch dann äußerst knapp. Trotz dieser Beschränkungen hat ein US-Präsident erhebliche Möglichkeiten: einerseits in der Außenpolitik und damit auch in der internationalen Klimapolitik. Andererseits über Verordnungen, die rechtssicher möglich sind, bei der Frage, welche fossilen Projekte noch genehmigt werden oder wieviel Spielraum klimapolitisch progressiven Bundesstaaten für ambitioniertere Regeln gelassen wird. Auch ohne eigene Mehrheit im Senat wären Schritte zu bestimmten Aspekten der Klimapolitik denkbar, zum Beispiel zu klimafreundlichen Investitionen in Konjunkturpaketen oder zur Förderung Erneuerbarer Energien. Dennoch:  die ambitionierten Klimaziele, die von Biden erwartet werden, werden sich vollständig wohl nur mit deutlichen Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses erreichen lassen. Das wäre in zwei Jahren möglich.

"Die EU sollte keine Zeit verlieren und direkt  ausloten, welche Vereinbarungen mit der neuen US-Regierung und weiteren Partnern bei Klimaschutz und bei der Unterstützung ärmerer Länder durch Klimafinanzierung möglich sind. Dazu kann die Bundesregierung, die noch bis Jahresende die Präsidentschaft im Rat der EU innehat, nun die Basis legen", so Bals.

Eine ausführlichere Analyse von Germanwatch zur Klimapolitik unter Biden finden Sie hier: www.germanwatch.org/de/19509

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