30. März 2018

Eierproduktion im Kreis Recklinghausen: Landwirt lässt zahlreiche tote Tiere im Stall verwesen - Tierrechtsverein deckt Missstände auf


Tote Legehenne in einer Bodenhaltung. Das Tier ist schon stark verwest. 
Quellenangabe: "obs/tierretter.de e.V."

Münster (ots) - Etwa zwanzig stark verweste und teils mumifizierte Körper von Legehennen lagen in dem Stall verteilt. In einer Bodenhaltung zur Eierproduktion bei Haltern am See hat ein Landwirt offenbar seit Wochen die verstorbenen Tiere nicht aus dem Stall geräumt. Dem Tierrechtsverein tierretter.de wurden Aufnahmen aus diesem Betrieb zugespielt, der Verein hat den Betreiber des Stalls bei den Veterinärbehörden angezeigt.

Es sind zwei unscheinbare Hallen ohne Fenster am Ortsrand eines kleinen Dorfes in Nordrhein-Westfalen, 4500 Legehennen werden hier gehalten. Aktive, die sich für Tiere einsetzen, haben die Zustände in dem Betrieb im März dokumentiert. Die Filmaufnahmen zeigen fast nackte Hühner, die teilweise kaum noch Federn haben. Seit dem Ende der klassischen 'Legebatterie' und Tierwohl-Versprechen der Industrie glauben viele Menschen, dass solche Zustände der Vergangenheit angehören. "Zu solchen Bildern kann es in jedem Eier-Betrieb kommen. Egal ob Boden-, Freiland- oder Biohaltung. Wenn viele Hühner auf engem Raum gehalten werden, bepicken sich die Tiere", erklärt Christian Adam vom Tierrechtsverein tierretter.de, dem diese Bilder zugespielt wurden. "Es ist schrecklich, aber Standard. Die Betreiber selber zeigen natürlich nur Bilder von frisch eingestallten Hennen in vollem Federkleid. Diese Bilder zeigen jedoch, wie Tiere aussehen, nachdem sie 13 Monate lang in kargen Hallen und zu tausenden eingesperrt jedes Jahr hunderte Eier legen müssen."

In dem Stall im Kreis Recklinghausen finden sich zudem zahlreiche Kadaver von toten Legehennen. Manche sind bereits schwarz vor Verwesung, andere sind nur noch Gerippe. Landwirte sind seitens des Gesetzes verpflichtet jeden Tag in den Stall zu gehen um alle Tiere in Augenschein zu nehmen und tote Tiere zu entfernen. Normalerweise werden diese in 'Kadavertonnen', also Mülleimern für tote Tiere, entsorgt. In diesem Stall ist das seit Wochen nicht passiert. Etwa zwanzig Tote liegen in dem Stallbereich verteilt, zu dem die Aktiven Zutritt hatten. Dieser Bereich macht etwa ein Viertel des Gesamtstalls aus. Der Verein tierretter.de hat den Betrieb umgehend dem Veterinäramt vom Kreis Recklinghausen gemeldet - zudem wird der Verein bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige einreichen.

"Diese Bilder zeigen zu welchen Zuständen es kommen kann, wenn Tiere als reine Produktionseinheiten gesehen werden. Tiere sind aber Lebewesen, die genauso fühlen wie wir. Es gibt längst keine valide Begründung mehr, Tiere weiterhin auszubeuten. Jeder Mensch kann sich rein pflanzlich ernähren - dann kommt es auch nicht mehr zu solchen Bildern.", beurteilt Christian Adam die Aufnahmen abschließend.

Das Vorgehen der Aktiven, die heimlich in Ställen dokumentieren, steht bei Landwirten und Lobbyvertretern stark in der Kritik. "Es gibt Fälle wie diesen, die eigentlich nur durch eine unangekündigte Recherche ans Licht kommen können", beurteilt Christian Adam die Situation. "Oft werden Veterinäramtskontrollen lange angekündigt, mindestens aber ein paar Stunden davor, damit der Landwirt auch anwesend ist, wenn die Behörde kommt. In einer halben Stunde hätte der Landwirt in diesem Fall die groben Missstände aber bereits beseitigen können. Niemand hätte je etwas davon mitbekommen. Die Ämter sind oft unterbesetzt und können nur einen Bruchteil der Ställe kontrollieren."

Selbst die Politik hat sich dem Thema mittlerweile angenommen. In dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD steht "Wir wollen Einbrüche in Tierställe als Straftatbestand effektiv ahnden." Christian Adam kritisiert: "Dieser Satz im Koalitionsvertrag ist ein Kniefall vor der Agrarindustrie, die verhindern will, dass sich die Menschen kritisch mit den Zuständen in den Tierställen auseinandersetzen. Da bereits Bilder aus den Ställen von Johannes Röring, der für die CDU im Bundestag sitzt, oder der Landwirtschaftsministerin von NRW Christina Schulze Föcking (CDU) veröffentlicht wurden, bekommt das ganze einen besonders bitteren Beigeschmack. Die neue Regierung möchte Bauern besser schützen als die Tiere, die von ihnen gehalten werden - und das obwohl Tierschutz seit 2002 als Staatsziel im Grundgesetz verankert ist."

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