Verdacht der rechtswidrigen Werbung durch Vermischung von Netz und Vertrieb
Die Bundesnetzagentur hat in der letzten Woche ein Verfahren gegen
die Stromnetz Hamburg GmbH, die Stromnetz Berlin GmbH und die Vattenfall
GmbH wegen des Verdachts des Verstoßes gegen die
Entflechtungsvorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes eingeleitet.
Anlass sind Werbemaßnahmen in Hamburg und Berlin, deretwegen die Behörde
eine mögliche Verwechslungsgefahr zwischen Netzbetreiber und
Vertriebsaktivitäten des Vattenfall-Konzerns und damit einen Verstoß
gegen § 7a Abs. 6 Energiewirtschaftsgesetz prüft. Nach der Vorschrift
haben “Verteilernetzbetreiber, die Teil eines vertikal integrierten
Energieversorgungsunternehmens sind, in ihrem Kommunikationsverhalten
und ihrer Markenpolitik zu gewährleisten, dass eine Verwechslung
zwischen Verteilernetzbetreiber und den Vertriebs-aktivitäten des
vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen ist“.
Das Ermittlungsverfahren erfolgt von Amts wegen. Der Agentur liegen
dazu u.a. Hinweise der Verbraucherzentrale Hamburg sowie des
Stromanbieters lekker energie vor, der kürzlich eine
Unterlassungserklärung gegen Vattenfall in Bezug auf Werbung in Berlin
erwirkt hat. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte wegen eines ähnlichen
Falls bereits im November 2012 Vattenfall zur Unterlassung einer
netzbezogenen Werbung verpflichtet. Das aktuelle Verfahren der
Bundesnetzagentur kann in der Anordnung der Unterlassung entsprechender
Werbung münden. Die Bundesnetzagentur kann ihre Anordnungen mit einem
Zwangsgeld zwischen 1.000 und 10 Millionen Euro durchsetzen.
Werbung: In Hamburg
Vattenfall hatte in den Monaten Mai und Juni 2013 in Hamburg mit drei Anzeigenmotiven eine Werbekampagne in Zeitungen, auf Plakaten und in Kinos geschaltet. Darin heißt es unter Anderem: “Wer
arbeitet weiter, wenn andere schon entspannen? Als Partner für Wärme
und Strom garantieren Hamburg und Vattenfall eine sichere
Energieversorgung.” Da die Motive das Thema Versorgungssicherheit
ansprechen (“garantieren eine sichere Energieversorgung”), liegt es
nahe, dass es sich um eine Werbung des Netzbetreibers handelt. Der
Absender der Botschaft laut Logo ist aber nicht die Stromnetz Hamburg
GmbH, sondern Vattenfall, und der Internetlink führt zu Vattenfall. Im
Juli erschien dann eine Anzeigenserie, in der unter der Überschrift
“Wussten Sie, dass .” die Aufgaben eines Stromnetzbetreibers erklärt
wurden – ohne Logo, dafür erneut mit einem Link zur Internetseite von
Vattenfall.
Aufgrund der Werbemotive ist davon auszugehen, dass die Kosten der
Werbekampagne zumindest zum Teil von der Stromnetz Hamburg GmbH getragen
werden. Das Energiewirtschaftsgesetz und die “Gemeinsamen
Ausführungsgrundsätze der Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder
zu den Anforderungen an die Markenpolitik und das
Kommunikationsverhalten bei den Verteilnetzbetreibern” gehen
grundsätzlich von der Annahme aus, dass ein Netzbetreiber als Monopolist
keine Werbung braucht. Greift er aber doch zum Mittel der Werbung, hat
er sich äußerste Zurückhaltung aufzuerlegen und vor allem im Falle der
Zugehörigkeit zu einem integrierten Konzern jegliche Verwechslungsgefahr
und Vermischung der Inhalte zu vermeiden.
Für die Verbraucher enthält nach Auffassung der Verbraucherzentrale
die Werbung nicht nur eine Irreführung über den Absender, sondern sie
führt auch dazu, dass unnötige und rechtswidrige Kosten des
Netzbetreibers entstehen, die dieser bei dem Antrag zur Genehmigung
seiner Netzentgelte geltend machen kann und die so die Netzentgelte und
damit indirekt den Strompreis für die Verbraucher erhöhen.
Werbung: In Berlin
In der Hauptsadt hatte die Vattenfall GmbH ebenfalls im Mai eine Anzeige
geschaltet, in der es heißt: “Berlin hat viele Talente. Unseres ist
Strom. Es gibt Dinge die kann nicht jeder. Genau deshalb braucht das
Berliner Stromnetz einen professionellen Betreiber.
www.vattenfall.de/Berlin. Sicherheit durch Kompetenz”. Wegen dieser
Werbung mahnte die lekker Energie GmbH die Vattenfall GmbH ab und
erwirkte von dieser eine Unterlassungserklärung. Die Energieanbieter
lekker Energie und Vattenfall stehen miteinander im Wettbewerb bei dem
Verkauf von Strom. Lekker Energie sah in der Anzeige ebenfalls einen
Verstoß gegen das Energiewirtschaftsgesetz und das Wettbewerbsrecht.
Vorgeschichte: Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte
die Bundesnetzagentur bereits im November 2012 und Februar 2013 über
ähnliche Werbemaßnahmen der Vattenfall Stromnetz Hamburg GmbH
unterrichtet. Zugleich hatte die Verbraucherzentrale mitgeteilt, dass
sie im November 2012 bereits eine Unterlassungserklärung nach dem Gesetz
über den unlauteren Wettbewerb von dem Unternehmen erwirkt hatte. Die
Bundesnetzagentur hatte daraufhin ein Verfahren gegen das Unternehmen
eingeleitet, das unter anderem zu der Umbenennung in Stromnetz Hamburg
GmbH führte (Az. BK6-13-025).

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