18. Januar 2018

Holocaust nicht länger bei Bundeswehr-Forschungseinrichtungen ignorieren

„Die Ignoranz gegenüber der Erforschung des Nationalsozialismus und insbesondere des Holocaust am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Potsdam ist nicht länger hinnehmbar. Seit 2008 wurden keine eigenständigen Publikationen zum Holocaust erarbeitet“, kommentiert Brigitte Freihold, Bildungsexpertin der Fraktion DIE LINKE, die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zum Thema Holocaust am ZMSBw“. Freihold weiter:

„Das bisherige Forschungs- und Bildungsangebot ist nicht auf die notwendigen Lerninhalte von Soldaten und Offizieren abgestimmt, die - wie immer wieder neue Skandale belegen - ein gravierendes Defizit in der Aufklärung über die deutschen Gewaltverbrechen aufweisen. 

Das eigentliche Problem ist die Schwerpunktsetzung des ZMSBw auf die Nachkriegszeit. Das ZMSBw schwimmt im eigenen Saft, indem es sich von Kalter-Kriegs-Mentalität in der Forschung nicht lösen will. Angesichts der gegenwärtigen Gefahren für ein friedliches und demokratisches Europa durch Nationalismus kann sich die Forschungstätigkeit am ZMSBw nicht im Zelebrieren der Bundeswehrgeschichte von 1949 bis 1989 erschöpfen.

In diese zeithistorische Dissonanz fügt sich auch die Ignoranz des Forschungsinstituts gegenüber östlichen Partnerländern der EU und den dortigen Entwicklungen ein. Gerade hier könnte aber ein Austausch über NS-Geschichte einen positiven Beitrag für eine europäische Perspektive in Bildung und Forschung beim Militär entfalten. Auch die Erinnerung an den NS-Widerstand, der dem Aufleben des Nationalismus demokratische Ideale entgegensetzt, darf nicht vernachlässigt werden.“ 


Nicole Gohlke, Hochschul- und Wissenschaftsexpertin der Fraktion DIE LINKE erklärt dazu: „Gerade in der heutigen Zeit zunehmender militärischer Spannungen sollten Forschung und Wissenschaft einen Beitrag dazu leisten, das Entstehen von Kriegen zu analysieren. Die Bundeswehr ist hier besonders gefragt, die historischen Erfahrungen zweier Weltkriege aufzuarbeiten und die Rolle deutscher Kampfeinheiten zu diskutieren. Die Geschichte der deutschen Streitkräfte beginnt nicht erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Mangelnde institutionelle Kooperation und Öffnung zu deutschen und internationalen Universitäten sowie Forschungsinstituten verhindern, dass neuste Forschungsergebnisse aufgegriffen und in der Bundeswehr verbreitet werden. Das ZMSBw bietet derzeit keine speziellen Forschungs- und Bildungsangebote zu Holocaust und Kriegsverbrechen. Dabei hat die Auseinandersetzung mit der deutschen Militärgeschichte weitgehende gesellschaftliche Implikationen und Relevanz. Hier muss personell und inhaltlich gegengesteuert werden.“ 

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