Für kommenden Dienstag und Mittwoch
(11./12.6.) hat das Bundesverfassungsgericht die mündliche Verhandlung im
Hauptsacheverfahren der Klagen zur Eurorettungspolitik angesetzt. Der Verein
Mehr Demokratie hatte im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Bündnis „Europa
braucht mehr Demokratie“ eine Verfassungsbeschwerde zu Euro-Rettungsschirm und
Fiskalvertrag initiiert. Die Klage war von 37.000 Menschen unterzeichnet und
damit zur größten Bürgerklage in der Geschichte der Bundesrepublik geworden.
Kernaussage der Sammelklage ist, dass mit der Verlagerung von
Souveränitätsrechten auf demokratisch nicht legitimierte europäische
Institutionen wie den ESM das Wahlrecht der Bürgerinnen und Bürger ausgehöhlt
werde.
Bereits im September vergangenen Jahres hatte das
Verfassungsgericht vorab entschieden, die Ratifizierung des ESM-Vertrags unter
Auflagen zuzulassen. In der anstehenden Verhandlung geht es nun hauptsächlich um
die Maßnahmen der Eurorettungspolitik unter Führung der Europäischen
Zentrralbank (EZB). Die EZB hatte eine Woche vor dem Urteil bekannt gegeben,
unbegrenzt Anleihen einzelner Staaten am Sekundärmarkt zu erwerben
(OMT-Programm). Das Gericht prüft, ob die EZB damit noch innerhalb ihres in den
EU-Verträgen definierten Kompetenzrahmens agiert (Ultra vires) und ob sie gegen
das Verbot der unmittelbaren Staatsfinanzierung verstößt (Art. 123 AEUV)
.
„Dies ist ein weiteres Beispiel einer schleichenden
Kompetenzübertragung auf die EU-Ebene ohne entsprechende vertragliche Grundlage.
Die nächsten Themen stehen schon auf der Agenda: Bankenunion, Fiskalunion,
Eurohaushalt. Wir befürchten, dass eine neue Finanzverfassung ohne demokratische
Legitimation geschrieben wird“, so Roman Huber, geschäftsführender Vorstand von
Mehr Demokratie. „Die Einschnitte sind so gravierend, dass die Verträge
geändert, ein Konvent einberufen und in einigen Ländern Volksentscheide
stattfinden müssten. Wir erwarten vom Gericht eine Gesamtschau der Verlagerung
von Souveränitätsrechten und eine klare Ansage, ab welchem Stadium auch in
Deutschland ein Volksentscheid zwingend notwendig wird.“
Das Bündnis wird
in der kommenden Verhandlung von Justizministerin a.D. Herta Däubler-Gmelin, dem
Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart sowie von Bernhard Kempen,
Völkerrechtler und Präsident des deutschen Hochschulverbandes, vertreten.
Nach Ansicht von Mehr Demokratie gerät die Entwicklung der Europäischen
Union in eine demokratische Sackgasse, wenn weitere Souveränitätsrechte
abgegeben werden, ohne diese auf europäischer Ebene zu kompensieren. „Bisher
fehlt jedoch nahezu jede demokratische Kontrolle bei derartigen Entscheidungen“,
so Herta Däubler-Gmelin. „Daher ist es unglaublich entscheidend, dass zukünftig
wesentliche Souveränitätsrechte nur mit Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger
über direktdemokratische Instrumente an die EU-Ebene übertragen werden
dürfen.“
Mehr Demokratie fordert für alle zukünftigen
Souveränitätsübertragungen auf die EU-Ebene obligatorische Referenden und die
Einrichtung eines direkt gewählten Bürgerkonvents, dessen Aufgabe es sein soll,
die Zukunft Europas mitzugestalten.
Mehr Demokratie e.V.
Bundesverband
Pressemitteilung
23/13
09.06.13
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