Berlin, 14.
Februar 2014. Die Europäische Union verpflichtet Unilever zu einem neuen
Warnhinweis auf der cholesterinsenkenden Margarine Becel pro.activ. Von morgen
an (15. Februar) schreibt die Verordnung 718/2013 Herstellern vor, Menschen ohne
Cholesterinprobleme ausdrücklich vor dem Verzehr von Lebensmitteln mit
zugesetzten Pflanzensterinen abzuraten. Damit trägt die EU den Hinweisen auf
mögliche Gesundheitsrisiken Rechnung. Die Verbraucherorganisation foodwatch
kritisierte, dass die EU nur einen unauffälligen, kleingedruckten Hinweis
vorgebe, aber den freien Verkauf potenziell riskanter Lebensmittel weiterhin
zulasse.
Da Produkte wie
Becel pro.activ neben herkömmlicher Margarine im Supermarktregal liegen, werden
sie auch von zahlreichen Verbrauchern konsumiert, die ihren Cholesterinspiegel
noch nicht einmal kennen und damit Selbstmedikation ohne ärztlichen Befund
betreiben. Dabei ist Becel pro.activ mit Pflanzensterinen ein hochkonzentrierter
und umstrittener Wirkstoff zugesetzt. Sogar Kinder doktern damit ohne Not
unkontrolliert an ihren Blutwerten herum. Die EU-Verordnung verpflichtet
Unilever nun zu dem Warnhinweis, dass Becel pro.activ "nicht für Personen
bestimmt ist, die ihren Cholesterinspiegel im Blut nicht zu kontrollieren
brauchen".
"Unilever kann
die Sicherheit von Becel pro.activ nicht belegen. Die dafür dringend
erforderlichen, aber teuren Langzeitstudien hat der Konzern bis heute nicht
durchgeführt", erklärte Oliver Huizinga, Experte für
Lebensmittelkennzeichnung bei foodwatch. "Wenn ein Lebensmittel nicht
zweifelsfrei sicher ist, darf nicht nur in einer Fußnote vor dem Verzehr gewarnt
werden - es muss vom Markt genommen werden." foodwatch fordert, Produkte mit
medizinischer Wirkung und möglichen Risiken wie Medikamente zu behandeln und
eine klinische Erprobung vorzuschreiben. Quasi-Medikamente sollen nicht einfach
frei verkäuflich im Supermarkt angeboten werden dürfen.
Pflanzensterine,
wie sie Unilever der Margarine Becel pro.activ zusetzt, können erwiesenermaßen
den Cholesterinspiegel senken. Studien haben jedoch den Verdacht genährt, dass
sie selbst Ablagerungen in den Gefäßen und dadurch Herzkrankheiten verursachen
könnten. Auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt daher,
dass der Verzehr durch gesunde Menschen ohne Cholesterinproblem "ausdrücklich
vermieden" werden sollte. Auch der gesundheitliche Nutzen ist nicht belegt, denn
nicht zwangsläufig führt eine Veränderung der Blutwerte (niedrigerer
Cholesterinspiegel) auch zu weniger Herzkrankheiten.
Dem
Unilever-Konzern wirft die Verbraucherorganisation vor, Zweifel am
gesundheitlichen Nutzen sowie Hinweise auf mögliche Risiken zu verschleiern.
Unter Berufung auf einen Wissenschaftler hatte das Unternehmen 2011 behauptet:
"Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Verzehr
von mit Pflanzensterine angereicherten Produkten mit Nebenwirkungen in
Verbindung zu bringen ist." Gegen die Verbreitung dieser Aussage geht foodwatch
gerichtlich vor, da sie nach Auffassung der Verbraucherorganisation nicht nur
grob irreführend ist, sondern auch eine justiziable unwahre Tatsachenbehauptung
darstellt. In erster Instanz wies das Landgericht Hamburg die Klage ab, ohne
jedoch den Wahrheitsgehalt der Aussage zu bewerten - die Richter werteten sie
als bloße Meinungsäußerung, die unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt verbreitet
werden dürfe. foodwatch hat gegen diese Entscheidung Berufung beim Hanseatischen
Oberlandesgericht eingelegt. Mit einem Verhandlungstermin wird noch in der
ersten Jahreshälfte 2014 gerechnet.
Link:
- E-Mail-Aktion für
einen Verkaufsstopp von Becel pro.activ: www.abgespeist.de/becel_proactiv

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