17. Februar 2014

BBU kritisiert Unbelehrbarkeit der Entsorger auf der bvse-Veranstaltung zum KAS-25 – Aktuelle rechtliche Vorschriften zur Anlagensicherheit werden von der Entsorgungslobby weiterhin erbittert bekämpft




(Bonn, Gladbeck, 17.02.2014) Äußerst kontrovers verlief die Tagung des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) am 13.2.2014 in Gladbeck. Als vorläufigen Tiefpunkt in der Debatte um die Behebung des über zehnjährigen Vollzugsdefizits bei der Anwendung der Störfall-Verordnung bei Abfallanlagen sieht der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) dabei die Aussagen von anwesenden Entsorgern. Auf der Veranstaltung häuften sich polemische Angriffe gegen die Kommission für Anlagensicherheit (KAS); zudem wurden vehement isolierte Rechtsauffassungen zu ihrer Arbeit vorgebracht. Hinzu kamen europarechtswidrige Forderungen bei der Umsetzung der Seveso-II-Richtlinie, Drohungen und die Verweigerung von konstruktiver Mitarbeit seitens der Entsorger. Stattdessen forderte die Entsorgungswirtschaft, dass der Leitfaden KAS-25 „Einstufung von Abfällen gemäß Anhang I der Störfall-Verordnung“ zurückgenommen wird. Dies ist absolut nicht akzeptabel, da der KAS-25 für die Anlagensicherheit in der Entsorgungsbranche richtungsweisend ist. Für den BBU steht fest, dass sich die Entsorger mit derartigen Verhaltensweisen aus dem üblichen gesellschaftlichen Diskurs verabschieden und für sich eine Sonderrolle jenseits von Recht und Gesetz beanspruchen.

Oliver Kalusch vom Geschäftsführenden Vorstand des BBU und Claudia Baitinger vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) waren auf der Veranstaltung anwesend. Beide sind zudem Mitglieder der Kommission für Anlagensicherheit. Sie nahmen auch an der fast zweistündigen Podiumsdiskussion zum Thema KAS-25 am Nachmittag teil. Sie mussten feststellen, dass die Veranstaltung bereits am Vormittag auf einen Eklat angelegt war. Mit Formulierungen, die häufig unter der Gürtellinie lagen, versuchte ein vom bvse eingeladener Referent die Arbeit der KAS zu diskreditieren. Bereits dies war kein Beitrag zu einem konstruktiven Dialog.

Dass das kein Zufall war, zeigte sich auf der Podiumsdiskussion am Nachmittag. Mit Begriffen wie „Lüge“ wurde von der Entsorgerseite versucht, die Tatsache des über zehnjährigen Vollzugsdefizits in ihrer Branche zu verdrängen. Und statt einzugestehen, dass der bvse trotz einer großen Anzahl von hauptamtlichen Mitarbeitern bei der Aufgabe versagt hatte, von der Arbeit am KAS-25 rechtzeitig Kenntnis zu erlangen, wurde kontinuierlich das Bundesumweltministerium beschuldigt. Wie weit sich der bvse von der rechtlichen Realität entfernt hat, zeigte die Forderung nach einem anderen chemikalienrechtlichen Verfahren zur Einstufung von Abfällen auf nationaler Ebene. Die hierzu notwendige Änderung des Chemikalienrechts kann jedoch weder von der KAS noch von der Bundesregierung Deutschlands, sondern nur von der Europäischen Union durch die Änderung entsprechender europäischer Richtlinien herbeigeführt werden.

Dies wurde ergänzt durch eine kategorische Verweigerungshaltung der Entsorger. Die Vorlage konkreter Maximalwerte der Konzentrationen von Abfallinhaltsstoffen gefährlicher Abfälle bei der behördlichen Prüfung, ob eine Abfallanlage unter den Geltungsbereich der Störfall-Verordnung fällt, wurde ebenso abgelehnt wie eine Übermittlung derartiger Daten an die Kommission für Anlagensicherheit. Dies ist mehr als befremdlich, da diese Daten bereits bei der Formulierung von Beschwerdebriefen von Entsorgern zum KAS-25 an das Bundesumweltministerium vorgelegen haben müssten. Dem BBU und der BUND-Vertreterin drängt sich daher der Eindruck auf, dass die Entsorger nur rudimentäre Kenntnisse über ihre Abfälle besitzen. In diesem Fall wären Abfallanlagen in ganz Deutschland ein unkalkulierbares Risiko, aus dem die staatlichen Stellen die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen müssten.

Ursula Weiß vom BBU-Vorstand zieht folgendes Resümee ihres Veranstaltungsbesuchs: „Brände und andere Ereignisse in Abfallanlagen passieren regelmäßig. Daran zeigt sich die Notwendigkeit, dass der Stand der Sicherheitstechnik und die weiteren Vorschriften der Störfall-Verordnung schnellstens in der Abfallbranche umgesetzt werden müssen. Dazu ist die konsequente Anwendung des KAS-25 unerlässlich. Es ist erschreckend, wie sich die Entsorgungslobby gegen die Einführung von Umweltstandards wehrt, die in der Chemieindustrie seit Jahren üblich sind. Die Leidtragenden dieser Lobbypolitik sind die Anwohner von Abfallanlagen. Abfallanlagen liegen häufig in direkter Nähe zu Wohnhäusern. Im Fall von Betriebsstörungen kann es zu erheblichen Gesundheitsschäden bei den Anwohnern kommen.

Wir fordern daher die Entsorger auf, ihre Blockadepolitik aufzugeben und ihre Verantwortung für den Schutz der Nachbarschaft und der Umwelt wahrzunehmen. Der bvse sollte sich auf die gebotene Beratung seiner Mitglieder hinsichtlich der Erfüllung der Pflichten der Störfall-Verordnung konzentrieren, statt bestehendes Umweltrecht zu bekämpfen.“


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