„Silbersee“ Brüchau:
Problem beseitigen – statt Flickschusterei und Ewigkeitslasten!
Am Dienstag, dem 10. Dezember hat Neptune Energy von 16 bis 19 Uhr das Dorfgemeinschaftshaus Kakerbeck angemietet, um dort einen Bürgerdialog zum „Silbersee“ durchzuführen. Sicher dürfte sein, dass die Firma hier um Zustimmung zu ihrem „Plan B“ werben will. Damit möchte sie die vom Landtag einstimmig beschlossene und vom Bergamt (LAGB) angeordnete Auskofferung vermeiden und durch eine Plastik-Umhüllung des Grubeninhalts vor Ort ersetzen.
Mittlerweile hat sie einen entsprechenden Antrag beim LAGB offiziell eingereicht. Wie Neptune Energy mit der Wahrheit umgeht, wird schon an dessen Titel deutlich: Die Firma nennt ihn „Ergänzung 2“ zum zuvor eingereichten und vom LAGB genehmigten Abschlussbetriebsplan Auskofferung. Tatsächlich handelt es sich aber nicht um eine Ergänzung, sondern um die Verkehrung der Auskofferung in ihr Gegenteil, nämlich in die sogenannte „Sicherung“ des Grubeninhalts vor Ort.
Wurde das Entsorgungsproblem von Anfang an angepeilt?
Als formelle Begründung führt Neptune an, dass es für 27.000 Tonnen quecksilberhaltiges und gleichzeitig radioaktiv belastetes Material keinen genehmigten Entsorgungsweg geben würde.
Dies habe sich erst in den Erfahrungen der allerletzten Zeit herausgestellt, vorher habe man es nicht wissen können, behauptete Geschäftsführer Scheck auf der Bürgerversammlung am 28.06.2024 in Salzwedel. - Wie ist dann aber der „Hinweis“ in den Abschlussbetriebsplan vom 29.07.2022 geraten, worin es (S. 12/13) heißt : „Sollten die Ergebnisse der ausstehenden Deponatbeprobungen … zeigen, dass durch Umsetzung der Totalräumung … eine Entsorgung des Deponats faktisch unmöglich ist, behält sich NEPTUNE vor, … alternativ zur Vollauskofferung den Standort vor Ort zu sichern.“ ? - Waren hier prophetische Gaben im Spiel, oder wurde die jetzige Situation von langer Hand angepeilt?
Im Genehmigungsbescheid vom 31.01.2023 hat das LAGB besagten „Hinweis“ ausdrücklich von der Genehmigung ausgenommen. Derzeit – und nach einer Veränderung im Präsidium – sieht es allerdings so aus, als wollle das LAGB der Firma Neptune dabei helfen, ein Entsorgungsproblem zwecks Verhinderung der Auskofferung geltend zu machen: Eine Befreiung von strahlenschutzrechtlichen Vorschriften für den Straßentransport der erwähnten radioaktiv belasteten Stoffe, wofür das LAGB zuständige Genehmigungsbehörde ist, steht bislang aus. Das LAGB beruft sich darauf, dass Neptune die Befreiung nicht beantragt hat. Neptune wiederum wirft dem LAGB eine plötzlich eingeführte Verkomplizierung des Genehmigungsverfahrens vor. So wirft man sich anscheinend gegenseitig die Bälle zu. Derzeitiger Stand (unseres Wissens): Neptune hat ein Gutachten zur Strahlenfrage beim LAGB eingereicht, die Transporterlaubnis aber nach wie vor nicht beantragt.
Das gesamte Thema hat ein ganz spezielles „Geschmäckle“: Worin besteht eigentlich der Strahlenschutz im derzeitigen Zustand der Grube Brüchau? An dieser Stelle trägt ausnahmsweise Neptunes „Ergänzung 2“ einmal zur Aufklärung bei: Die Dichtungsauflage würde die Emission von Quecksilber und NORM (Naturally Occuring Radioactive Material, natürlich vorkommende Radioaktivität) „reduzieren/verhindern“ liest man auf Seite 33/34. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die radioaktive Emission im derzeitigen Zustand unreduziert stattfindet. - Wie kann es sein, dass die Entlassung aus einem Strahlenschutz genehmigt werden muss, den es gar nicht gibt?
Eine „Deponie“ , die zu einer Deponie gemacht werden muss
Die gleiche Intransparenz und Wirrnis, die das gesamte Prozedere seit Infragestellung der Auskofferung kennzeichnet, begegnet einem bei der Lektüre der sogenannten „Ergänzung 2“. Hierin – auch „Plan B“ genannt – wird die bergbauliche Entsorgungsstelle Brüchau ausnahmslos als „Deponie“ bezeichnet. Gleichzeitig werden zur Rechtfertigung der einzelnen Maßnahmen Vorschriften aus der „Deponie-Verordnung“ herangezogen. Wenn die Grube Brüchau aber schon jetzt eine „Deponie“ ist, warum muss dann Aufwand getrieben werden, um sie zu einer Deponie zu machen? - Ein Paradoxon, das sich damit erklären dürfte, dass Neptune durch unklare Begrifflichkeiten sein Vorgehen verschleiern möchte.
Denn was hat es auf sich mit den Maßnahmen in seinem „Plan B“, mit denen Vorschriften aus der Deponieverordnung erfüllt werden sollen? Bevor man ins Detail geht, fällt schon Folgendes auf: Die Deponie-Verordnung ist Teil des Abfallrechts, und dieses ist politisch und verwaltungsmäßig im Ressort „Umweltschutz“ angesiedelt, nicht im Ressort „Wirtschaft“ und erst recht nicht in der Abteilung „Bergrecht“. Wie kann es sein, dass im „Plan B“ Akteure des Bergrechts sich auf einmal als Umweltschutzexperten gerieren?
Die Verantwortung soll auf den Landkreis übertragen werden
Ein schlagartig erstarktes Umweltbewusstsein ist wohl kaum die richtige Erklärung. Wie im „Plan B“ wiederholt erwähnt, besteht dessen Motivation vielmehr darin, die Grube Brüchau aus der Bergaufsicht herauszubringen und die Verantwortung an den Landkreis zu übergeben. Durch die angebliche Anpassung an Vorschriften der Deponie-Verordnung soll die Kreisbehörde wohl in Sicherheit gewiegt werden, dass ihr ein solches „Geschenk“ keine Schwierigkeiten machen wird.
Mit der Sicherheit ist es allerdings so eine Sache. Alle diesbezüglichen Aussagen werden vage und unbestimmt gehalten. So liest man etwa, dass „nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass … Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter … oder gemeinschädliche Einwirkungen eintreten werden.“
Oder: Maßnahmen müssen geeignet sein, „um Auswirkungen auf die Umwelt sowie sich daraus ergebende Risiken für die menschliche Gesundheit so weit wie möglich zu vermeiden oder zu vermindern.“
Grundsätzlich dürfte sich wohl auch die Frage stellen, ob Vorgaben der Deponie-Verordnung, die für die Neuerrichtung von Deponien konzipiert sind, für die Umwandlung einer Abfallstelle wie in Brüchau überhaupt anwendbar sind. So ist im Plan B etwa von der „Deponiesohle“ die Rede, unterhalb der Material für Bauzwecke oberhalb entnommen werden kann. - Doch wo ist diese Sohle eigentlich zu verorten, wo doch das gesamte Material bis zum Grundwasserleiter in 8 Metern Tiefe ein halbes Jahrhundert lang kontaminiert wurde?
Um Kosten zu sparen, möchte Neptune 7000 m³ Material, das für die Baumaßnahmen in Brüchau benötigt wird, den über 1000 nicht sanierten Bohrschlammgruben in der Altmark entnehmen. - Material, das selber deponiert werden müsste, für Bauzwecke verwenden? - Ob das wirklich im Sinn des Umweltschutzes ist?
Problemlösung nur durch Auskofferung möglich
Je mehr man sich mit dem „Plan B“ beschäftigt, umso mehr kommt man ins Kopfschütteln über die unsägliche Flickschusterei, die darin vorgesehen wird und die Probleme nicht löst. Die Auskofferung ist eine klare Angelegenheit. Da gibt es kein „so weit wie möglich“ und kein bloßes „Reduzieren“ von Gefahren. Da wird das giftige Material an Orte geschafft, wo es keinen Schaden anrichten kann. Die Menschen im Umkreis von Brüchau können dann aufatmen.
Mit dem Plan B gibt es nie ein Aufatmen. Mindestens 10 Jahre dauert die Nachsorge. 30 Jahre soll das Fehlermeldesystem halten. Und was geschieht, wenn es Löcher in den Plastikbahnen meldet, etwa aufgrund von Setzungen? „Die können geflickt werden!“, lautet Neptunes „frohe Botschaft“. - Dann muss also die ganze Verpackung (dass es sich um eine „Kapsel“ handelt, wie Neptune es nennt, stimmt ja auch nicht) geöffnet und überarbeitet werden.
Mindestens 100 Jahre soll die Abdeckplane halten. - Zwischenfrage: An wen muss man sich wegen Regress wenden, wenn die Plane schon vor diesem Zeitraum den aggressiven Inhaltsstoffen erliegt?
Neptune suggeriert, dass der gesamte Gruben-Input durch die vorgesehene Vermischung mit Zement für alle Zeiten in einen quasi inerten Zustand versetzt wird. - Dass sogar der beste Beton nur eine begrenzte Haltbarkeit hat, sehen wir gerade an den Brücken.
Vor dem Hintergrund all dieser Fakten wird auch klar, dass die angeblich niedrigeren Kosten des Plan B auf Milchmädchenrechnungen beruhen.
Das LAGB muss im öffentlichen Interesse seiner Pflicht nachkommen! Es muss die „Ergänzung 2“ ablehnen und den Weg für die Auskofferung frei machen!
Altmärker, Politiker und Verantwortliche in den Behörden: Kommt am 10. Dezember nach Kakerbeck und macht klar, wie angesichts der Lebensinteressen der Menschen vor Ort und der gesamten Region mit dem (Queck)silbersee in Brüchau verfahren werden muss!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen