Ein breites Bündnis von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen warnt anlässlich der bevorstehenden Veröffentlichung der Carbon Management Strategie der Bundesregierung eindringlich vor den Gefahren der Kohlendioxid-Verpressung (Carbon Capture and Storage, CCS).
Das zivilgesellschaftliche Bündnis befürchtet weitreichende Klima- und Umweltschäden. Zentrale Kritikpunkte sind: CCS ist eine Scheinlösung, verhindert den Ausstieg aus fossilen Energien, blockiert die Energiewende und gefährdet den Umbau der Industrie hin zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft. „CCS blickt auf eine jahrzehntelange Geschichte überhöhter Erwartungen und unerfüllter Versprechen zurück und wäre ein gefährlicher Irrweg im Kampf gegen die Klimakrise“, so das Bündnis.
Hinter der Kritik stehen folgende Verbände, Organisationen und Bürgerinitiativen: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, Deutsche Umwelthilfe, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Bundesverband für Umweltberatung e.V, PowerShift e.V., urgewald e.V., GasWende, Naturschutzverein Südtondern, Bürgerinitiative „Kein CO2 Endlager Altmark” und die Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager.
Übereinstimmend erklärt das Bündnis: „Eine staatliche Richtungsentscheidung für CCS wäre eine lebensverlängernde Maßnahme für klimaschädliche Produktion. Kraftwerke und ganze Industriezweige würden sich mit CCS über Jahrzehnte weiter an die Nutzung von Öl und Gas binden. CCS ist das Gegenteil von Klimaschutz. Es verhindert den Ausstieg aus fossilen Energien, gibt der Öl- und Gasindustrie noch mehr Macht und belastet kommende Generationen mit der Ewigkeitslast von CO2-Deponien. Gemeinsam im Bündnis rufen wir zu einer gesellschaftlichen Debatte über die CCS-Pläne der Bundesregierung auf, bevor solche weitreichenden Entscheidungen getroffen werden.“
Die unterzeichnenden Verbände wenden sich gegen das Vorhaben der Bundesregierung, ein mehrere tausend Kilometer langes CO2-Entsorgungsnetz quer durch Deutschland, große unterirdische CO2-Endlager und einen grenzüberschreitenden Handel mit dem Transport und Deponieren von Kohlenstoffdioxid aufzubauen. Mit Milliardensummen aus Steuergeldern würde ein europaweites Geschäftsmodell für die Gasindustrie subventioniert, das umso profitabler wäre, je mehr CO2 entsteht.
Mit Blick auf die unabsehbaren Gefahren für die Umwelt hebt das Bündnis hervor: „CCS gefährdet unser Trinkwasser, hat einen gewaltigen Flächenverbrauch, zerstört natürliche Landschaften und braucht enorm viel Energie und Material. Jede CO2-Verpressung an Land oder unter dem Meeresboden kann Erdbeben auslösen und giftige Ablagerungen in den Böden hervorrufen. CO2-Endlager in der Nordsee gefährden das Weltnaturerbe Wattenmeer. Über die mit CCS verbundenen Kosten und die schwerwiegenden Gefahren für Umwelt, Gesundheit und für das Klima lässt die Bundesregierung die Öffentlichkeit bisher im Dunkeln.“
Bis jetzt ist nicht nachgewiesen, wie eine dauerhafte, sichere Lagerung großer Mengen verpressten Kohlenstoffdioxids im Untergrund gelingen kann. Am Meeresboden droht durch Leckagen von CO2 das Wasser zu versauern, was unter anderem Muscheltiere und Korallen töten und regelrechte Todeszonen unter Wasser schaffen kann. Es ist zudem nicht akzeptabel, dass die Gaskonzerne nach einer Frist von einigen Jahrzehnten aus der Haftung entlassen und die hohen Klima- und Umweltrisiken der CO2-Deponien auf die Allgemeinheit verlagert werden, kritisieren die Organisationen.
„Statt auf die Scheinlösung CCS zu setzen, braucht es jetzt biologischen Klimaschutz und Emissionsvermeidung. Beides ist sofort umsetzbar. Dies sind dauerhafte, nachhaltige Lösungen und wir wissen, dass sie funktionieren“, so das Bündnis abschließend.
Hintergrund:
Die Carbon Management Strategie der Bundesregierung soll bald veröffentlicht werden. Im Bundeshaushalt ist ein erheblicher Anteil des Förderprogramms „Dekarbonisierung der Industrie und Carbon Management” für CCUS Projekte („Carbon Capture, Utilisation and Storage“) vorgesehen – laut Pressemeldungen geht es um 1,36 Milliarden Euro aus dem Gesamtförderetat in Höhe von 3,55 Milliarden Euro bis 2030, also knapp 40 Prozent.
Ein Entwurf der Carbon Management Strategie der EU-Kommission soll am 6.2.24 veröffentlicht werden. Im EU Net Zero Industry Act (aktuell im Trilog) ist vorgesehen, CCS-Projekte als dem „übergeordneten öffentlichen Interesse” dienend zu definieren.
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