29. Juli 2019

Deutsche Umwelthilfe stellt formelle Anträge zur Beschränkung der Silvester-Böllerei in 31 Städten: Berlin und München setzen Forderung der DUH um



Berlin (ots)
Die Deutsche Umwelthilfe beantragt gegenüber 31 Städten mit hoher Luftbelastung das Verbot privater Silvester-Böllerei in Innenstädten - Rechtsgutachten im Auftrag der DUH belegt juristische Möglichkeiten für Städte und Länder, in belasteten bzw. gefährdeten Innenstadtbereichen die private Silvester-Böllerei zu verbieten - Belastung mit gesundheitsschädlichem Feinstaub an Silvester entspricht 16 Prozent der jährlichen Menge aus dem Straßenverkehr - Verschärfung der EU-Feinstaubgrenzwerte gemäß Vorschlag der Weltgesundheitsorganisation steht in Aussicht - Über 100.000 Menschen unterstützen DUH-Forderung nach einem Verbot innerstädtischer Silvester-Böllerei per Petition - Weiterer Erfolg der DUH-Initiative für "Saubere Luft": Berlin und München werden Pyrotechnik in hoch belasteter Innenstadt beschränken bzw. verbieten - DUH führt am 21. August Fachgespräch mit dem Deutschen Städtetag, um weitere belastete Städte zu einem innerstädtischen Verbot der Silvester-Böllerei zu bewegen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) stellt bei 31 Städten formelle Anträge zum Verbot beziehungsweise zur Beschränkung der Silvester-Böllerei als wichtige Einzelmaßnahme für die Luftreinhaltung. Die formellen Anträge richten sich an die Städte, in denen die DUH Rechtsverfahren zur "Sauberen Luft" führt und deren innerstädtische Luft mit einer Feinstaubbelastung von mindestens 20 µg/m3 belastet ist. Diesen Grenzwert hat bereits vor Jahren die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen. Der EU-Umweltkommissar Vella hat erst vor wenigen Monaten angekündigt, die derzeit viel zu hohen EU-Grenzwerte für Feinstaub entsprechend der WHO-Empfehlung abzusenken. Die DUH beantragt von den betroffenen Städten eine Anpassung der Luftreinhaltepläne, beziehungsweise kommunale Entscheidungen zur Sylvester-Böllerei.
Die DUH befürwortet ausdrücklich die Durchführung professionell und zentral organisierter, vor allem die Luftqualität nicht beeinträchtigender Silvester-Feuerwerke außerhalb der belasteten Innenstadtbereiche. Dort wo viele Menschen leben und die Grundbelastung bereits so hoch ist, dass lungengeschädigte Menschen und asthmakranke Kinder durch archaische Böllerei mit Schwarzpulver akute Atemprobleme bekommen, muss es aus Sicht der DUH ab diesem Winter klare Verbote geben. Ein von der DUH in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zeigt die bisher, vor allem von den kommunalen Spitzenverbänden bestrittenen, rechtlichen Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene. Dieses Rechtsgutachten stellt die DUH allen Städten zur Verfügung.
"Viele hunderttausend Menschen mit Atemwegserkrankungen, wie beispielsweise schwerem Asthma, flüchten zum Jahreswechsel aus ihren Wohnungen oder müssen sich dort regelrecht luftdicht verbarrikadieren. Jedes Jahr aufs Neue verursacht die archaische Böllerei zum Jahreswechsel 'dicke Luft' in unseren Städten, wie sie sonst in Smog-Hochburgen asiatischer Metropolen beklagt wird. Bereits über 100.000 Unterstützende haben sich in unserer Petition für die Beschränkung privater Feuerwerke in dicht besiedelten Innenstadtbereichen ausgesprochen. Wir begrüßen daher, dass Berlin und München der Forderung der DUH nachkommen und Pyrotechnik in ihren hochbelasteten Innenstädten beschränken. In einem ersten Schritt sollen die 31 Städte von der Silvester-Böllerei befreit werden, die nachweislich am stärksten unter der Luftbelastung mit Feinstaub leiden. Für die Menschen in den übrigen besonders belasteten Städten führt die DUH am 21. August 2019 ein Fachgespräch mit dem Deutschen Städtetag, um dort über ein möglichst flächendeckendes Ende der privaten Silvester-Böllerei zu verhandeln", erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Innerhalb weniger Stunden setzen die Feuerwerksböller zum Jahreswechsel circa 5.000 Tonnen besonders giftigen Feinstaubs frei. Der aus Feuerwerkskörpern stammende Feinstaub ist besonders hoch mit giftigen Stoffen belastet, sodass seine negativen gesundheitlichen Auswirkungen deutlich höher sind als bei den sonstigen Feinstaubquellen. Die Menge des in diesen wenigen Stunden um den Jahreswechsel freigesetzten Feinstaubs entspricht etwa 16 Prozent der jährlich im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubmenge.
Feinstaub (PM10) ist ein Luftschadstoff, der insbesondere gesundheitlich vorbelasteten Menschen mit Asthma oder anderen Atemwegserkrankungen sowie Schwangeren und Kindern schaden kann. Da es keine Unbedenklichkeitsgrenze für Feinstaub gibt, also jeder Anstieg der Konzentration in der Atemluft zu erhöhter gesundheitlicher Belastung führt, muss diese möglichst weitgehend reduziert werden. Die WHO hat daher einen Jahresmittelwert von 20 µg/m3 festgelegt und fordert die Herabsetzung der derzeit 35 erlaubten Überschreitungstage auf 3 Tage. Die DUH ist mit ihrer langjährigen Forderung nach einer Angleichung der Partikel-Grenzwerte auf WHO-Niveau nicht allein, auch das Umweltbundesamt fordert eine Verschärfung der Grenzwerte für Feinstaub.
Neben den gesundheitlichen Belastungen, schweren Verletzungen und Todesfällen führt die Silvester-Böllerei außerdem zu riesigen Abfallbergen, tausenden Feuerwehreinsätzen, erheblicher Brandgefahr und Risiken für Natur und Tierwelt. In nahezu allen Industrienationen ist die private Böllerei in Städten verboten: In Paris dürfen Feuerwerkskörper weder verkauft noch abgefeuert werden. In Dänemark und Slowenien sind Verkauf, Besitz und Verwendung von Knallkörpern generell verboten. Auch in Neuseeland oder Südafrika ist die private Silvester-Böllerei in den Innenstädten generell verboten. In Deutschland existieren nur wenige und zum Teil zaghafte Beschränkungen, oft nach verheerenden Bränden in der historischen Altstadt wie in Konstanz oder schweren Ausschreitungen wie in Hannover.
Hintergrund:
Besonders hoch ist die Belastung in Stuttgart, Berlin und Gelsenkirchen mit jeweils 29 µg PM10/m3 im Jahr 2018. Aber auch in Hagen (28 µg PM10/m3), Köln (27 µg PM10/m3), Halle (27 µg PM10/m3), Nürnberg (26 µg PM10/m3), Essen (26 µg PM10/m3), Esslingen (25 µg PM10/m3), Heilbronn (25 µg PM10/m3), Ludwigsburg (25 µg PM10/m3), München (25 µg PM10/m3), Frankfurt (25 µg PM10/m3), Dortmund (25 µg PM10/m3), Düsseldorf (25 µg PM10/m3), Oberhausen (25 µg PM10/m3), Hamburg (24 µg/m3; hier hatte der BUND geklagt), Limburg (24 µg PM10/m3), Bielefeld (24 µg PM10/m3), Mainz (24 µg PM10/m3), Reutlingen (23 µg PM10/m3), Offenbach (23 µg PM10/m3), Kiel (22 µg PM10/m3), Würzburg (22 µg PM10/m3), Hannover (22 µg PM10/m3), Oldenburg (22 µg PM10/m3), Wuppertal (21 µg PM10/m3), Aachen (20 µg PM10/m3), Darmstadt (20 µg PM10/m3), Regensburg (20 µg PM10/m3) und Passau (20 µg PM10/m3) wurde der WHO-Grenzwert im Jahresmittel 2018 überschritten.
Links: Zum Rechtsgutachten über kommunale Möglichkeiten der Beschränkung des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände an Silvester: http://l.duh.de/p190729
Zur Petition für eine Beschränkung von privaten Feuerwerken in dicht besiedelten Innenstadtbereichen: http://ots.de/UvPji5

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