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7. April 2018
"Coca-Cola-Report" kritisiert Mitverantwortung des Getränke-Konzerns für Fettleibigkeit und Diabetes - foodwatch fordert: Influencer-Marketing stoppen!
- foodwatch kritisiert Influencer-Marketing auf Youtube und Instagram
- Report zieht Parallelen zu Lobby-Strategien der Tabak-Industrie
- Bundesregierung muss Herstellerabgabe für Zuckergetränke einführen
Berlin, 4. April 2018. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat die Marketing- und Lobbymaßnahmen von Coca-Cola als unverantwortlich kritisiert. Der Weltmarktführer für Zuckergetränke nehme mit millionenschweren Marketingkampagnen im Internet und im Fernsehen bewusst Kinder und Jugendliche als Zielgruppe ins Visier. Gleichzeitig versuche der Konzern durch gezielte Lobbyarbeit wirksame Regulierungen wie Werbeverbote oder Sondersteuern zu torpedieren und habe nachweislich versucht, mit gekauften Wissenschaftlern Zweifel an der Schädlichkeit von zuckerhaltigen Getränken zu säen. Coca-Cola trage damit eine entscheidende Mitverantwortung für die Epidemie ernährungsbedingter Erkrankungen wie Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes. Das zeigt der 108-seitige "Coca-Cola-Report" von foodwatch, den die Verbraucherorganisation am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin, direkt neben der Deutschland-Zentrale des Unternehmens, vorgestellt hat. foodwatch forderte Coca-Cola auf, sein an Kinder und Jugendliche gerichtetes Marketing zu stoppen und beispielsweise nicht länger junge Youtube- und Instagram-Stars ("Influencer") für Werbezwecke einzuspannen. Zuckergetränke sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine wesentliche Ursache für Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes. Deshalb sei zudem die neue Bundesregierung gefordert, eine Herstellerabgabe für überzuckerte Getränke einzuführen, so foodwatch. foodwatch hatte Coca-Cola Deutschland angeboten, den "Coca-Cola-Report" vorab zu bekommen und Konzernvertreter eingeladen, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz ihre Argumente in die Debatte mit einzubringen. Doch der für den Getränke-Konzern reservierte Stuhl blieb leer.
"Ob mit Fußballstars im TV oder angesagten Influencern im Youtube-Video: Coca-Cola versteht es wie kaum ein anderer Konzern, ein positives Image zu kreieren - auch und gerade bei jungen Menschen. Dabei sind die Zuckergetränke von Coca-Cola flüssige Krankmacher", sagte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch und Autor des "Coca-Cola-Report". "Natürlich weiß wohl jedes Kind, dass Cola und Limo nicht gesund sind. Aber es geht nicht um ein bisschen zu viel Zucker - schon eine Dose am Tag fördert ernsthafte Krankheiten wie Diabetes. Die Zuckergetränke-Industrie, allen voran der Weltmarktführer, stellt nicht bloß die Produkte ins Regal und überlässt den Konsumenten die freie Wahl. Coca-Cola torpediert gezielt gesundheitspolitische Initiativen rund um den Globus und versucht mithilfe von Lobbyverbänden, die Gesundheitsgefahren von Zuckergetränken zu verschleiern - mit den gleichen Methoden wie früher die Tabakindustrie."
Schon eine Dose am Tag erhöht das Risiko für Fettleibigkeit und Diabetes
Der überhöhte Konsum zuckerhaltiger Getränke fördert nachweislich die Entstehung zahlreicher Krankheiten wie etwa Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes oder Karies. Zuckergetränke liefern nur "leere Kalorien" ohne wichtige Nährstoffe und ohne eine entsprechende Sättigung zu verursachen, was zu einer überhöhten Kalorienaufnahme führt. Anders als beispielsweise Süßwaren, bei denen "eine Handvoll" als unproblematisch gilt, sind Zuckergetränke schon in vergleichsweise geringen Mengen gesundheitsgefährdend: Eine Dose am Tag erhöht das Risiko für Übergewicht, Fettleibigkeit oder Typ-2-Diabetes. Kinder und Jugendliche in Deutschland - vor allem Jungen - trinken deutlich mehr Zuckergetränke als empfohlen. Laut aktueller Daten des Robert Koch-Instituts trinken männliche Jugendliche knapp einen halben Liter täglich.
Coca-Cola erweckt durch eine Selbstverpflichtung den Eindruck, keine Werbung an Kinder unter 12 Jahren zu richten. Doch die Praxis sieht anders aus, wie der "Coca-Cola-Report" von foodwatch zeigt. Mit Fußballstars in der Werbung und Aktionen wie dem Coca-Cola-Adventskalender oder der Coke-Weihnachtstruck-Tour wurden gezielt Kinder angesprochen. Der Konzern hat zudem gleich eine ganze Reihe von vor allem bei jungen Menschen beliebten Youtube-Stars für seine Marketing-Aktionen eingespannt: Neun der 20 meistabonnierten "Youtuber" in Deutschland - mit teilweise mehr als drei Millionen Abonnenten - traten bereits in dem Konzern-eigenen Youtube-Kanal "CokeTV" auf. Sie präsentieren beispielsweise als Moderatoren kurzweilige und lustige Videospots, in Stil und Machart geschickt an die erfolgreichsten Jugendkanäle angelehnt - und die Marke Coca-Cola immer gut in Szene gesetzt. Das meistgeklickte Video auf dem deutschen Coca-Cola-Kanal wurde mehr als 2,3 Millionen Mal angeschaut.
"Youtuber genießen bei ihren jungen Fans hohes Ansehen, die Video-Plattform ist für Kinder und Jugendliche die wichtigste Seite im Netz. Coke spannt die beliebten Youtube-Stars geschickt vor seinen Marketing-Karren - beiläufig wird in den lustigen Videos auch immer wieder Cola getrunken. Der Konzern nutzt die neuen Idole von Kindern und Jugendlichen, um mehr Zuckergetränke zu verkaufen", so Oliver Huizinga von foodwatch.
Gleichzeitig engagiert sich der Weltkonzern auch auf politischer Ebene, um Zweifel an der gesundheitsschädlichen Wirkung von Zuckergetränken zu säen und eine effektive Regulierung der Produkte zu verhindern, stellt foodwatch in seinem umfassenden "Coca-Cola-Report" dar. Ein Beispiel: Wie 2015 die New York Times aufdeckte, finanzierte Coca-Cola mit 1,5 Millionen US-Dollar eine vermeintlich unabhängige Forschungseinrichtung. Diese vertrat - ganz im Sinne von Coca-Cola - öffentlich die Position, nicht ungesunde Ernährung, sondern Bewegungsmangel sei das zentrale Problem für Übergewicht.
Zahlreiche Studien haben in der Vergangenheit untersucht, ob Zuckergetränke und Übergewicht zusammenhängen. Dabei finden 80 Prozent der von der Lebensmittelindustrie finanzierten Studien heraus, es gebe keinen Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Konsum von Zuckergetränken - während 80 Prozent der unabhängig finanzierten Studien zu dem gegenteiligen Ergebnis kommen. Interne E-Mails von Coca-Cola, die im Jahr 2016 an die Öffentlichkeit gelangten, zeigen, dass der Konzern vor allem eine politische Maßnahme besonders fürchtet: Sonderabgaben oder -steuern auf zuckergesüßte Getränke. In einem Strategiepapier des Konzerns wird der Bekämpfung dieser Maßnahme die höchste Priorität eingeräumt. Der klare Auftrag: "Zurückschlagen" (im englischen Original: "fight back").
foodwatch sieht auch die Politik in der Verantwortung, den Konflikt mit Weltkonzernen wie Coca-Cola und der einflussreichen Lobby nicht länger zu scheuen und endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um der Epidemie ernährungsbedingter Krankheiten etwas entgegenzusetzen - wie die Weltgesundheitsorganisation oder die DANK - Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten, ein Bündnis medizinischer Fachgesellschaften, schon lange fordern. So müsse die Bundesregierung die Hersteller von stark überzuckerten Getränken verpflichten, eine Abgabe zu zahlen. Zahlreiche Länder wie Großbritannien, Frankreich, Irland, Belgien oder Mexiko haben eine solche Sondersteuer oder -abgabe beschlossen. In Großbritannien führte dies dazu, dass führende Hersteller schon vor Inkrafttreten den Zuckergehalt ihrer Produkte senkten.
Quellen und weiterführende Informationen:
- "Coca-Cola-Report" von foodwatch: www.tinyurl.com/coca-cola-report-foodwatch
- Zahlen und Fakten kurz zusammengefasst: www.tinyurl.com/factsheet-coca-cola-report
- Mehr Informationen zur Herstellerabgabe auf Zuckergetränke in Großbritannien: www.foodwatch.org/de/informieren/zucker-fett-co/aktuelle-nachrichten/britische-hersteller-abgabe-auf-zuckergetraenke-wirkt/
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