18. Juli 2017

Große Erdgas-Havarie bei Kakerbeck (Altmark)


Dicht bei Kakerbeck (Ortsteil von Kalbe/Milde) und unmittelbar neben dem „Gassammelpunkt (GSP) Kakerbeck“ befindet sich ein frisch ausgehobener Krater: Obendurchmesser ca. 50 m, Tiefe bis ca. 10 m. 6 vermutlich marode Erdgasrohre sind zu sehen.
Es handelt sich um die 3. seit September 2016 bekannt gewordene Rohgas-Leckage im altmärkischen Erdgasfördergebiet. Die Informationspolitik des verursachenden Energiekonzerns ENGIE sowie des zuständigen Landesbergamtes (LAGB) ist mehr als zurückhaltend. Beim Vorfall im September 2016 „vergaß“ das LAGB, den Altmarkkreis Salzwedel zu informieren. Der 2. Vorfall (Januar 2017) wurde nur durch die Aufmerksamkeit eines Spaziergängers überhaupt entdeckt.
Die jetzige Havarie befindet sich im nahen Umfeld der Giftschlammgrube Brüchau, in der Engie (zuvor Gaz de France) bis zum 30.04.2012 seine giftigen Abfälle entsorgte. Anwohner befürchten einen Zusammenhang mit Krebserkrankungen in Brüchau und Kakerbeck. Auch in den derzeit laufenden Auseinandersetzungen um die Entsorgung der Giftgrube fällt die zurückhaltende Informationspolitik auf: Engie und die Landesregierung geben an, keine genauen Kenntnisse über das Inventar der Grube zu haben.
Die Havarie neben GSP Kakerbeck übertrifft die bisher bekannt gewordenen Leckagen um Größenordnungen. Ihr widmete Engie auf seiner website drei unauffällige Sätze. Im Übrigen wurde alles getan, um öffentliche Aufmerksamkeit zu vermeiden. Auf die Frage nach dem genauen Ort der Leckage erhielt die AltmarkZeitung von Engie die Auskunft: „an einer Erdgasstation bei Salzwedel“. Auf die gleiche Frage der BI „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ antwortete das LAGB: „Feldmark östlich der Ortschaft Kakerbeck“. Durch Nennung des GSP Kakerbeck hätte der Ort exakt angegeben werden können.
Kontaminierung durch Quecksilber wird zugegeben, weitere Schadstoffe seien nach bisheriger Kenntnis nicht freigesetzt worden. Dies ist allerdings schwer nachzuvollziehen, da das altmärkische Erdgas bekanntlich weit mehr giftige Stoffe inclusive radioaktiver Anteile enthält.
Auf dem wenige hundert Meter entfernten Bohrplatz Winkelstedt 111 stehen zahlreiche abgedeckte Container neben offenen Sandbergen. Wird hier kontaminiertes Erdreich zwischengelagert? Weitere Sandaufhäufungen befinden sich unmittelbar neben dem Krater in einem Maisfeld.
Stahlrohre werden von den im Rohgas enthaltenen aggressiven Stoffen angegriffen. Das ca. 40 Jahre alte Rohrsystem ist entsprechend marode. Mit weiteren Leckagen und entsprechenden Kontaminierungen muss gerechnet werden. Zur Frage, ob das LAGB von Engie immer vorschriftsmäßig über solche Vorkommnisse unterrichtet wird, drückt sich sogar das LAGB, das den Gasförderer sonst immer ins beste Licht rückt, eher zurückhaltend aus.

Bi-Sprecher Dr. Christfried Lenz fasst zusammen: „Das altmärkische Roh-Erdgas und Lagerstättenwasser enthält üblicherweise außer Schwermetallen wie Quecksilber, Blei, Lithium, giftigen Kohlenwasserstoffen, wassergefährdenden Stoffen und Luftschadstoffen auch krebsauslösende Radionuklide wie Radium 226 (alpha-Strahler) und Radon 222 (radioaktives Edelgas). Die Stahlleitungen sind alt und von minderer Qualität. Von den im rohen Erdgas enthaltenen Salzen und Quecksilber werden sie zerfressen. Wir gehen davon aus, dass all die genannten Stoffe in den Boden, das Grundwasser und in die Luft gelangt sind. Dieses Verhalten von Engie ist verantwortungslos und inakzeptabel und entspricht nicht der vom Bundesberggesetz geforderten Zuverlässigkeit des Förderunternehmens. Konsequenz kann nur sein, diesem die Betriebserlaubnis für die altmärkischen Erdgasfelder zu entziehen. Die umwelt- und klimaschädlche Erdgasförderung muss zügig eingestellt und durch raschen dezentralen Aufbau der vollständigen Versorgung durch erneuerbare Energien samt Speicherung und Sektorenkoppelung ersetzt werden.“ 

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