23. Oktober 2025

Offenes Schreiben an den Minister für Umwelt und Energie in Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Willingmann, für Positionierung des Landes im Bundesrat gegen CCS


 

Sehr geehrter Herr Minister Willingmann,


für Ihre erfolgreichen Anstrengungen, die erneuerbaren Energien in Sachsen-Anhalt voran zu bringen und insbesondere dafür, dass es gelungen ist, das "Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz" zu realisieren, möchten wir Ihnen unseren aufrichtigen Dank ausdrücken. Sehr interessant waren auch Ihre Ausführungen am 20. Oktober in Stendal. Sie zeigten u.a. auf, dass die Gemeinden Verhandlungsfähigkeiten anwenden müssen, um ihre Möglichkeiten gegenüber den Investoren auszuschöpfen. Auch an dieser Stelle wird deutlich, dass die Energiewende nicht bloß einen technischen Wechsel hinsichtlich Energieversorgung darstellt, sondern mit emanzipatorischen Entwicklungen auf menschlicher und gesellschaftlicher Ebene verbunden ist.

Wir können uns vorstellen, dass es auch für Sie schmerzhaft ist, dass Ihre Arbeit von den immer noch mächtigen und einflussreichen Konzernen der fossilen Energien konterkariert wird.  Durch Verpressung des CO2 in den Untergrund ("CCS") werde die Klimaschädlichkeit von Gas, Kohle und Öl eliminiert, so dass  die Verbrennung auf unabsehbare Zeit weitergehen könne, behaupten sie. Der Ausbau der Erneuerbaren wird gebremst. Statt mit Kombinationsstrukturen aus Wind, Sonne und Speicherung (und je nach örtlichen Gegebenheiten weiteren erneuerbaren Quellen) Versorgungssicherheit zu schaffen, setzt die derzeitige Wirtschaftsministerin auf Gaskraftwerke mit CCS.

Dabei ist CCS weit davon entfernt, einzulösen, was behauptet wird. Regierungsseitig wurde verbreitet, dass in den sogenannten unterirdischen "Speichern"  "große CO₂-Mengen injiziert und sicher über geologische Zeiträume gespeichert werden." (https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Industrie/weitere-entwicklung-ccs-technologien.html)

Geologe Dr. habil. Ralf E. Krupp macht in seiner Studie "Geologische Risiken der CO2-Verpressung in der Nordsee" (März 2025
https://act.gp/44Laonb )
nun aber darauf aufmerksam, dass die "Speicher" keineswegs dicht sind, ja, gar nicht dicht sein dürfen, da andernfalls das CO2 nicht injiziert werden könnte! Weiter erinnert er daran, dass in den Gesteinsporen kein Vakuum vorliegt. Vielmehr sind sie mit Fluiden gefüllt, die beim Einpressen des CO2 verdrängt werden. Dabei gelangt Methan ins Meerwasser und letztlich in die Luft. Da es die rund 80fache Treibhauswirkung von CO2 hat, wird allein durch diesen Verdrängungseffekt der behauptete Klimanutzen der CO2-Verpressung nicht nur aufgehoben, sondern ins Gegenteil verkehrt (Krupp, u.a. S.6f).

Zahlreiche weitere pro-CCS-"Argumente", die in Wirklichkeit unzutreffende Behauptungen sind, können wir Ihnen auf Wunsch zur Verfügung stellen. Hier nur noch dies: Eine Gesellschaft, die die Bedrohung durch den Klimawandel erkannt hat und dagegen vorgehen will, würde als allererstes die Frage stellen: Was ist die wirksamste Methode, um die Erhitzung zu begrenzen? - Die Antwort wäre zweifelsfrei: nicht Behandlung der CO2-Emissionen, sondern deren Vermeidung, also insbesondere schnellstmöglicher und hundertprozentiger Wechsel auf erneuerbare Energien. Dass diese Frage nicht gestellt, geschweigedenn  beantwortet wird, zeigt, dass CCS mit Klimaschutz nichts zu tun hat, sondern den Bestandsschutz der fossilen Energiewirtschaft  bezweckt.

Der Hinweis auf "unvermeidbare" prozessbedingte Emissionen in der Industrie wird als Türöffnerargument eingesetzt. Doch dem von hier stammenden CO2 ergeht es bei der Verpressung auch nicht anders als es Krupp beschrieben hat. Ein zusätzliches Problem kommt sogar hinzu: In dem Pipeline-Netz sollen die CO2-Ströme aus verschiedenen Branchen zusammengeführt werden. Dadurch kommen auch unterschiedliche Beistoffe zusammen, und das kann schon bei geringen Mengen richtig gefährlich werden. Sogar das renommierte Wuppertal-Institut warnt. (
https://www.pv-magazine.de/2025/04/01/ccs-gesetzesvorhaben-einer-eventuellen-cdu-spd-regierung-facht-die-debatte-neu-an/  bzw.:  https://wupperinst.org/a/wi/a/s/ad/8884 ) - Im Übrigen: Die Stahlproduktion könnte mit grünem Wasserstoff komplett klimaneutral gemacht werden. Auch für die viel zitierte Zementindustrie gibt es alternative Möglichkeiten. Für innovative klimafreundliche Entwicklungen sollte das Geld ausgegeben werden, nicht für die Versenkung des CO2, aus der es früher oder später wieder hervorkommt!


Vom Bundesrat und auch aus der Sachverständigen-Anhörung
(https://www.bundestag.de/ausschuesse/a09_wirtschaft/wp21_a09_Anhoerungen/1111944-1111944) kommen kritische Töne: die Anwendung des CCS bei Gaskraftwerken wird abgelehnt.

Sehr geehrter Herr Minister, können Sie sich vorstellen, sich dafür einzusetzen, dass Sachsen-Anhalt im Bundesrat gegen die Novellierung des CCS-Gesetzes stimmt? Neben allen sonstigen Argumenten gibt es hier im Bundesland bekanntlich eine Tradition gegen CCS: Der in der Altmark geplante "Forschungsspeicher" wurde verhindert und die Altmark dadurch gerettet. Denn vorgesehen war, nach Verpressung von 100.000 Tonnen das gesamte Erdgasfeld mit Millionen Tonnen zu füllen und die Region somit in eine CO2-Deponie zu verwandeln, in der sich aufzuhalten, wegen der Leckagemöglichkeit lebensgefährlich geworden wäre.

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