Gericht klärt Grundsatzfragen und schafft Grundlage für weitere Klagen
Hamburg,
5.12. 2019 – Die Klimakläger-Familien und Greenpeace verzichten auf
eine Berufung gegen die Abweisung der Klimaklage. Zu dieser Entscheidung
kommen die drei Bauernfamilien und die unabhängige
Umweltschutzorganisation nach Auswertung des schriftlichen Urteils,
welches das Berliner Verwaltungsgericht inzwischen vorlegte (Online https://act.gp/2rIshTs).
Dort argumentiert das Gericht, das 2020-Klimaziel sei in dieser Form
seit der Beschlussfassung durch die Regierung zum Klimaschutzgesetz
nicht mehr gültig. Das Klimaschutzgesetz wird demnächst in Kraft treten –
wenn auch mit aus Sicht der Klägerparteien unzureichenden Zielen zur
Reduktion von Treibhausgas-Emissionen. Eine Berufung macht angesichts
dessen aus Sicht der Klägerinnen und Kläger wenig Sinn. Die
Bauernfamilien und Greenpeace wollten gerichtlich die Einhaltung des
deutschen Klimaziels erreichen, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent
gegenüber 1990 zu senken. Dieses Ziel galt beständig seit 2007.
Greenpeace
hält das Urteil vom 31. Oktober für wegweisend. Das Verwaltungsgericht
hat erstmals entschieden, dass von der Erderhitzung Betroffenen das
Recht zusteht, gerichtlich von der Regierung ein Mindestmaß an
Klimaschutz einzufordern und sich dabei auf die Grundrechte zu berufen
(Schutzpflichten). Erstmals haben die Richter versucht, dieses
Mindestmaß zu definieren, und urteilten, dass sie vorerst keinen Verstoß
gegen Grundrechte sehen. Aber: Nach Auffassung des Gerichts muss
Klimaschutz im Einklang mit nachvollziehbaren wissenschaftlichen
Erkenntnissen wie denen des Weltklimarates (IPCC) stehen und anhand des
noch verfügbaren CO2-Budgets schlüssig sein. Obwohl das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, bewerten die
Klimaklägerinnen und Klimakläger die Entscheidung deshalb als Erfolg.
Sie werden die Einhaltung der nunmehr gesetzlich festgelegten Ziele
genau verfolgen und gegebenenfalls wieder zu Rechtsmitteln greifen.
Es kommentieren:
Anike Peters, Greenpeace-Klimaexpertin und Initiatorin der Klimaklage:
„Die
aktuelle Gesetzeslage hat unsere Klimaklage überholt. Das Gericht
bestätigt jedoch, dass Klimaklagen grundsätzlich möglich sind und dass
Klimaschutz ein Menschenrecht ist. Wie die Regierung ihrer Schutzpflicht
gegen die Klimakrise nun nachkommt, werden wir genau beobachten.“
Silke Backsen, Klägerin und Bio-Landwirtin von der Insel Pellworm:
„Unsere
Mission ist noch nicht beendet. Ich fühle mich durch das Urteil
ermutigt, weiter für wirksamen Klimaschutz zu kämpfen. Zu gegebener Zeit
kann ich mir auch eine neue Klimaklage vorstellen. Es geht um die
Zukunft meiner Kinder. Wir auf Pellworm und anderen Inseln und Halligen
in der Nordsee erleben die Klimakrise hautnah.“
Roda Verheyen, Rechtsanwältin der Klagepartei:
„Das
Urteil ist ein wichtiger Schritt in der Klimaschutz-Rechtsprechung. Es
setzt Maßstäbe für Gesetzgeber und Regierung. Ich bin mir sicher, dass
es nicht das letzte Mal war, dass sich die Gerichte in Deutschland mit
der Klimapolitik der Regierung auseinandersetzen müssen.“

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