29. September 2014

TTIP: Zivilgesellschaft warnt vor regulatorischer Kooperation im Freihandelsabkommen zwischen USA und EU




Brüssel/Köln, 29. September 2014. Zu Beginn der 7. Verhandlungsrunde zu
einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP)
kritisierten dutzende zivilgesellschaftliche Organisationen, dass von
TTIP Gefahren für Demokratie und Regulierungen ausgehen - insbesondere
für den Verbraucherschutz, Umweltschutz und die Regulierung des
Finanzsektors. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisierten sie den
geheimen Charakter der Verhandlungen und forderten die
Verhandlungsführer dazu auf, ihre Pläne für sogenannte regulatorische
Kooperation auf Eis zu legen.

Die EU-Kommission hat stets behauptet, dass Regulierungen auf beiden
Seiten des Atlantiks nicht in Gefahr sind und dass TTIP nicht zu
niedrigeren Standards führe. Allerdings haben geleakte Dokumente das
Gegenteil gezeigt. Das gilt insbesondere für Vorschläge zu
regulatorischer Kooperation - auf horizontaler Ebene, aber auch im
Bereich spezifischer Sektoren, wie dem Chemie- und Finanzsektor.

Hinter dem harmlos klingenden Begriff der regulatorischen Kooperation
verbirgt sich die Idee, die Erarbeitung von Gesetzen und Regulierungen
in der EU und in den USA grundlegend zu ändern. Demnach hätten die
US-Regierung und Unternehmen in Zukunft umfassende Möglichkeiten auf
Gesetzesinitiativen in Europa Einfluss zu nehmen – lange bevor
Parlamente sie überhaupt zu Gesicht bekämen. Umgekehrt bestünde die
Einflussmöglichkeit der EU-Kommission und europäischer Unternehmen auf
die US-Gesetzgebung. Ziel dieser Änderungen bei der Gesetzgebung ist die
Harmonisierung von Gesetzgebung in Europa und den USA. Auf die damit
verbundenen Gefahren für die Demokratie hat LobbyControl bereits
mehrfach hingewiesen.

„Die Vorschläge der EU zu regulatorischer Kooperation ähneln sehr stark
den Vorschlägen der Wirtschaftsverbände. Gleichzeitig ging der bisherige
EU-Handelskommissar Karel de Gucht kaum auf die Bedenken der
Zivilgesellschaft zu regulatorischer Kooperation ein“, kritisiert
Kenneth Haar vom Corporate Europe Observatory.

„Durch diese Pläne entstünde ein großes Einfallstor für
Unternehmenslobbyisten. Wir hoffen, dass die künftige
EU-Handelskommissarin Cecilia Malström die Bedenken von Bürgerinnen und
Bürgern ernster nimmt und solche Vorschläge nicht in die Verhandlungen
einbezieht“, so Max Bank von LobbyControl. Aktuell gibt es Meldungen,
dass Malström die umstrittenen Investor-Schiedsgerichte aus TTIP
herausnehmen will. „Aber selbst dann bleiben die Pläne für
regulatorische Kooperation eine Gefahr für die Demokratie“, so Bank.

Der starke Einfluss von Unternehmenslobbyisten ist besonders
problematisch, weil die TTIP-Verhandlungen im Geheimen stattfinden.
Bürgerinnen und Bürger erfahren lediglich durch geleakte Dokumente von
möglichen Gefahren, die von TTIP ausgehen. Natacha Cingotti von Friends
of the Earth Europe: „Die geleakten Dokumente zu regulatorischer
Kooperation bestätigen unsere größten Befürchtungen bei TTIP. Ein
Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU könnte negative
Auswirkungen auf Regulierungen und Verbraucherschutz auf beiden Seiten
des Atlantiks haben.“

Neben der Aufforderung an die Verhandlungsführer regulatorische
Kooperation aus den Verhandlungen zu nehmen, haben LobbyControl,
Corporate Europe Observatory (CEO) und Friends of the Earth Europe eine
Informationsbroschüre zu regulatorischer Kooperation veröffentlicht.
Kenneth Haar von CEO: „Wir wollen eine breite öffentliche Debatte über
die EU- Handelspolitik. Denn sie betrifft alle Bürgerinnen und Bürger.
Deshalb wollen wir aufzeigen, welche Gefahren von regulatorischer
Kooperation für Demokratie und Regulierungen in Europa ausgehen.“

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