Streit um irreführende Regionalitätswerbung: Klage der Schwarzwälder
Schinkenhersteller gegen foodwatch erledigt - Schweinefleisch für Schwarzwälder
Schinken dürfte auch aus Neuseeland kommen
Berlin, 29. August
2013. Im Streit um die Kritik an irreführender Regionalitätswerbung hat der
Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller seine Klage gegen die
Verbraucherorganisation foodwatch für erledigt erklärt. Der für den 23.
September bereits anberaumte Verhandlungstermin vor dem Landgericht Konstanz,
Außenstelle Villingen-Schwenningen, ist damit hinfällig. foodwatch hatte zuvor
eine Äußerung präzisiert, ohne an der Kritik etwas zurückzunehmen. Denn für die
Verbraucher bleibt die Herkunftskennzeichnung in vielen Fällen unklar: Aller
Regionalitätswerbung manchen Herstellers zum Trotz dürfte das Schweinefleisch
für den Schwarzwälder Schinken auch aus Neuseeland kommen.
Hintergrund:
Für den Schwarzwälder Schinken müssen keineswegs alle Produktionsschritte im
Schwarzwald erfolgen. So kann der Ausgangs-"Schinken", also das unverarbeitete
Hinterbein des Schweins, außerhalb des Schwarzwalds produziert werden; die
Schweine werden häufig weit entfernt gehalten, gemästet, geschlachtet und
zerlegt. In Reaktion auf die Einführung einer freiwilligen
Regional-Kennzeichnung der Bundesregierung hatte foodwatch dies in einer
Pressemitteilung am 18. Januar 2013 als Beispiel für eine weiterhin mögliche
Irreführung der Verbraucher aufgeführt und mit einer zugespitzten Äußerung
kritisiert. Dies nahm der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller zum
Anlass für seine Klage auf Unterlassung, da er nicht ausreichend klargestellt
sah, dass andere für die Herstellung von Schwarzwälder Schinken wichtige
Produktionsschritte im Schwarzwald erfolgen müssen. Um mögliche
Missverständnisse auszuschließen, sagte foodwatch in einer
Unterlassungserklärung zu, die konkrete Aussage künftig nicht zu wiederholen -
knüpfte dies innerhalb der Unterlassungserklärung jedoch daran, die Kritik
stattdessen mit der alternativen Formulierung zu artikulieren: "Das
Schweinefleisch für den Schwarzwälder Schinken dürfte auch aus Neuseeland
kommen." Der Schutzverband hatte im Laufe von Vergleichsbemühungen des Gerichts
versucht, foodwatch zur Unterlassung praktisch aller kritischen Äußerungen (der
Schutzverband sprach von allen "ehrenrührigen Behauptungen") über den
Schwarzwälder Schinken sowie dessen Produzenten zu bringen.
foodwatch-Sprecher Martin Rücker erklärte: "Der Versuch, unliebsame
Kritik an dem in der Lebensmittelindustrie weit verbreiteten
Regionalitäts-Schwindel auf juristischem Wege zu unterbinden, ist gescheitert.
Statt sich der auch von zahlreichen Verbrauchern geäußerten Kritik an
irreführender Kennzeichnung zu stellen, hat der Schutzverband sich an einem
Ablenkungsmanöver versucht, für das wir kein Verständnis aufbringen."
Insgesamt sehe sich foodwatch in seiner Kritik bestätigt - wenn eine
Formulierungsänderung der Klarheit dient, sei dies im Sinne aller.
Um
irreführende Angaben zur Regionalität künftig zu vermeiden, fordert foodwatch
eine verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft von Hauptzutaten. "Niemand
hält die Schinkenhersteller davon ab, bereits heute freiwillig die Herkunft des
Fleischs anzugeben - das brächte jene Klarheit, die viele Verbraucher vermissen.
Besser noch: Der Verband sollte sich dafür einsetzen, dass beim Schwarzwälder
Schinken künftig tatsächlich alle Produktionsschritte im Schwarzwald stattfinden
müssen."
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