31. Mai 2013

Klimaschutz kommt unter die Räder der Autolobby



Greenpeace fordert Klarheit über den Einfluss von BMW und Daimler auf die Kanzlerin

Hamburg, 31. 5. 2013 – Greenpeace will einen Antwortbrief der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an den Verband der Autoindustrie (VDA) offen legen lassen. Die Umweltschützer haben heute einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gestellt, um den Einfluss der Autoindustrie auf die Politik transparent zu machen. „Mit der Anfrage wollen wir herausfinden, wie weit die Bundeskanzlerin den Wünschen der Autoindustrie folgt. Als Regierungschefin sollte sie dem Allgemeinwohl und nicht einseitig den Interessen eines Industrieverbandes verpflichtet sein“, sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. Aktuell verhandeln die EU-Staaten über Grenzwerte für Neuwagen ab 2020. Die deutsche Automobilindustrie versucht vehement, die CO2-Grenzwerte im Gesetz abzuschwächen.

In dem Brief vom 8. Mai, der Greenpeace zugespielt wurde, hatte VDA-Präsident Matthias Wissmann die Kanzlerin gebeten, eine Abschwächung des Grenzwertes durchzusetzen sowie auf ein längerfristiges CO2-Ziel für 2025 ganz zu verzichten. Unmittelbar danach hatte sich Merkel auf dem Elektromobilitätsgipfel der Bundesregierung am vergangenen Montag nachdrücklich für die Position des VDA eingesetzt. Diese wird allerdings nicht mehr von allen deutschen Herstellern geteilt. Nach einem Gespräch zwischen VW-Chef Martin Winterkorn und der Greenpeace-Geschäftsführung Ende März hatte Volkswagen zugesichert, die Ziele der EU „ohne wenn und aber“, das heißt ohne Abschwächungen zu erfüllen.

Hintergrund der verstärkten Lobbyaktivitäten des VDA sind Verhandlungen in Brüssel über den ab dem Jahr 2020 gültigen CO2-Grenzwert für Neuwagen. Diese gehen nun in die entscheidende Phase. Die Bundesregierung macht sich aktiv für eine Abschwächung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Grenzwertes stark. Dieser liegt bei 95 Gramm CO2 je Kilometer (entspricht einem Kraftstoffverbrauch von 3,9 Litern auf 100 Kilometer). Durch ein Bonussystem für Elektroautos (Supercredits), das den Spritverbrauch von gleich mehreren Spritfressern ausgleichen würde, soll das Ziel aber massiv verwässert werden. Mit der Aussage Merkels, „Supercredits haben eine super Bedeutung“, vertritt sie nahtlos die Position der Premium-Hersteller Daimler und BMW. Greenpeace lehnt eine Aufweichung des EU-Grenzwertes ab und fordert für 2025 einen Grenzwert von höchstens 60 Gramm CO2 (ca. 2,5 Liter auf 100 km).

Dies ist nicht das erste Mal, dass sich Autoindustrie und Bundesregierung gemeinsam gegen den Klimaschutz wenden. Bereits 2007 hatte der Einfluss des Chef-Autolobbyisten Wissmann zu einer Schwächung der Klimaziele geführt. Smid kritisiert die damalige Intervention der Kanzlerin als „ein Musterbeispiel für die verlogene deutsche Klimapolitik: Blumige Worte beim Klimaschutz, aber knallharte Interessensvertretung der Autoindustrie, wenn es drauf ankommt. Diese Position schadet der Klimapolitik und sollte von den übrigen EU-Staaten konsequent abgelehnt werden.“

Das Informationsfreiheitsgesetz gewährt einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen und politischen Entscheidungsprozessen. Die Anfrage steht im Wortlaut auf der Greenpeace-Internetseite (www.greenpeace.de).

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