4. Januar 2019

DIE STIMME DES GEWISSENS KANN MAN NICHT VERURTEILEN- Prozess gegen türkische Mediziner*innen



Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW hat an Außenminister Heiko Maas
appelliert, sich für einen Freispruch der beiden Mediziner*innen Prof Dr.
Şebnem Korur Fincanci und Prof. Dr. Gencay Gürsoy einzusetzen. Sebnem
Korur Fincanci ist Gründungsmitglied und Vorsitzende der türkischen
Menschenrechtsstiftung und wurde am 19.12.2018 in Istanbul zu 2 Jahren und
6 Monaten Gefängnis verurteilt, der frühere Vorsitzende der türkischen
Ärztekammer Prof. Dr. Gencay Gürsoy zu 2 Jahren und 3 Monaten. Beide
sind bis zur Berufungsverhandlung auf freiem Fuß.

Den beiden wird Propaganda für eine Terrororganisation nach dem
Antiterrorgesetz Nr. 3713 vorgeworfen. Sie haben im März 2016 eine
Erklärung unterzeichnet, die sich gegen die Angriffe der Regierung auf
die Bevölkerung des Südostens richtete. „Wir, die Akademiker*innen und
Wissenschaftler*innen dieses Landes werden nicht Teil dieses Verbrechens
sein!“ Über 2.000 Menschen haben diesen Aufruf unterzeichnet. Die
meisten verloren in der Folge ihre Arbeit, viele wurden angeklagt, 64
wurden inzwischen verurteilt zu meist 1 Jahr und 3 Monaten Gefängnis.

Şebnem Korur Fincanci ist eine international renommierte
Gerichtsmedizinerin, ausgezeichnet mit vielen Preisen für ihren
unbestechlichen und unermüdlichen Einsatz für die Menschenrechte, gegen
Folter, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der
Türkei und in der ganzen Welt. Mit der Vorsitzenden der
Menschenrechtsstiftung verbindet die IPPNW eine langjährige
Zusammenarbeit. Sie ist unter anderem Trägerin des Medizinischen
Friedenspreis, den die IPPNW gemeinsam mit anderen europäischen
Gesundheitsorganisationen verleiht.

„Viele Staaten, auch die Türkei, haben sich in internationalen Abkommen
verpflichtet, die Menschenrechtsarbeit zu ermöglichen und die
Menschenrechtsverteidiger*innen zu schützen. Die Türkei entfernt sich
immer weiter von den Prinzipien des internationalen Rechts“, heißt es
in dem Schreiben an Außenminister Heiko Maas.

Die Festnahme des türkischstämmigen Deutschen Adnan S. wegen angeblich
staatsfeindlicher Facebook-Beiträge unterstreicht die zunehmende
Unterdrückung der Meinungsfreiheit in der Türkei.

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