Daimler
AG setzt Kundentäuschung mit falschen Qualitätsversprechen zur
angeblich ‚hochmodernen‘ Abgasreinigung fort – Der Konzern hat
die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber der
DUH abgelehnt – Mercedes-Käufer sollten gegenüber Daimler Chef Dieter
Zetsche auf das gegebene Qualitätsversprechen ‚Das Beste oder nichts‘
bestehen und notfalls die Rückabwicklung des Kaufs
verlangen – Amerikanische Umweltbehörde EPA ermittelt gegen Daimler AG
wegen festgestellten 65-fachen Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen auf
der Straße bei normalen Außentemperaturen
Berlin, 29.2.2016:
Die Daimler AG hat eingeräumt, dass sie über die Motorsteuersoftware
bei Temperaturen
unterhalb von (plus) 10 Grad Celsius die Wirkung der
Diesel-Abgasreinigung bei der Mercedes C-Klasse BlueTec 220 CDi
verringert. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte Anfang Februar
Messungen aus den Niederlanden veröffentlicht, die eine bis zu 28-fache
NOx-Grenzwertüberschreitung
bei Straßenmessungen belegen. Die Käufer von Mercedes BlueTec-Modellen
wurden und werden jedoch nicht über diesen erheblichen Mangel
informiert, der Umwelt und Gesundheit schadet. Im Gegenteil: Daimler
täuscht die Verbraucher in Modellkatalogen und auf der
Konzern-Homepage weiterhin mit falschen Aussagen zu angeblich minimalen
NOx-Emissionen des Diesel-Modells Mercedes-Benz C 220 BlueTEC CDi (Euro
6). Die DUH wird deshalb vor dem Stuttgarter Landgericht Klage gegen
die Daimler AG einreichen, um die Fortsetzung
der Verbrauchertäuschung für alle von den Abgasmanipulationen
betroffenen Fahrzeugen gerichtlich untersagen zu lassen.
Nach
Ansicht der DUH verstoßen unter anderem folgende falsche
Werbeversprechen der Daimler AG gegen das Verbot irreführender Werbung
(§ 5 UWG):
„So
wie die BlueTEC Dieselmotoren mit besonders geringem Schadstoffausstoß.
Eine komplexe Katalysatortechnologie reduziert die Stickoxide deutlich,
das Fahren wird im besten
Wortsinn zur reinsten Freude.“
„Und
bei den Modellen mit Dieselmotoren konnten die Stickoxid-Emissionen
durch das hochmoderne Abgasbehandlungskonzept BlueTEC um bis zu 90
Prozent auf ein Minimum reduziert
werden.“
„BlueTEC
reduziert die Emissionswerte unserer hochmodernen Dieselmotoren auf ein
Minimum und senkt zugleich den Verbrauch. […] Es umfasst verschiedene,
aufeinander abgestimmte
technische Maßnahmen zur innermotorischen Minimierung der Rohemissionen
und zur effektiven Nachbehandlung des Abgases. Dabei werden alle
relevanten Emissionsbestandteile auf ein Minimum reduziert.“
Am
17.2.2016 forderte die DUH den Stuttgarter Autokonzern als
klagebefugter Umwelt- und Verbraucherschutzverband auf, falsche
Werbeaussagen ab sofort zu unterlassen. In einem
Schreiben vom 24.2.2016 teilte die Daimler AG der DUH mit, man „sehe keinen Anlass, die von Ihnen geforderte Unterlassungserklärung abzugeben“ und führte aus, dass die von der DUH zitierte TNO-Studie
„eine Verringerung der Stickoxid-Emissionen um bis zu 90%“ zeige.
Tatsächlich zeigte TNO, dass die Mercedes C-Klasse BlueTec 220 CDi bei
Straßenmessung mit Außentemperaturen von 7-10 die Grad die geltenden
Grenzwerte um das bis zu 28-fache überschritt
und gerade bei für Städte typischen Geschwindigkeiten (0-45 km/h) mehr
als 10-fach über den Grenzwerten lag.
Die
von Daimler erwähnte 90-prozentige Abgasreinigung wurde von TNO
allerdings nur im Prüflabor und bei keinem einzigen der Straßentests
nachgewiesen. Nach der Typgenehmigungsvorschrift
der EU muss die Emissionsminderungsanlage jedoch „in normal use“, das
heißt bei allen normalen Temperaturen und gerade auch auf der Straße
funktionieren. Temperaturen von (plus) 7 bis 10 Grad Celsius sind
zwischen September und April mehr als normal. Ein ebenfalls
von TNO auf der Straße gemessener BMW 530d hielt bei den für
Innenstädte typischen Geschwindigkeiten die Euro 6 NOx-Grenzwerte ein.
Die
Qualitätsversprechen stehen im klaren Widerspruch zu den von TNO
gemessenen Überschreitungen der Grenzwerte für Stickoxide. Tatsächlich
erreichte der getestete Mercedes nicht
einmal die NOx-Grenzwerte für Euro 2 Diesel-Pkw.
„Es
gibt keinen technischen Grund, warum es nicht möglich sein soll, bei
allen normalen Außentemperaturen die giftigen Dieselabgase entsprechend
der Grenzwerte zu reduzieren.
Ich werfe Daimler-Chef Dieter Zetsche persönlich vorsätzliche
Körperverletzung mit Todesfolge in vielen tausend Fällen vor. Wenn
moderne Euro 6 BlueTec Diesel-Pkw gerade bei in Städten typische
niedrigen Geschwindigkeiten zehn Mal mehr Stickoxide emittieren
als erlaubt ist es keine Überraschung, wenn die Mercedes-Metropole
Stuttgart gleichzeitig die schmutzigste Stadt Deutschlands ist, was die
NO2-Belastung der Atemluft angeht“, so
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Mercedes-Käufer
sollten gegenüber Daimler-Chef Dieter Zetsche auf das gegebene
Qualitätsversprechen ‚Das Beste oder nichts‘ bestehen. Falls der
Hersteller eine Reparatur verweigert, können die Kunden verlangen,
dass der Kaufvertrag rückgängig gemacht wird."
Auch
in anderen Ländern ermitteln die nationalen Behörden inzwischen gegen
Daimler wegen stark erhöhter Schadstoffemissionen. In Frankreich fiel
die Mercedes S-Klasse (S-350
Diesel) bei der von der Umweltministerin Royal durchgeführten amtlichen
Tests zudem mit über 40-prozentigen Abweichungen bei den CO2-Werten
auf. In den USA ermittelt die Washingtoner Umweltbehörde EPA wegen einer
65-fachen NOx-Grenzwertüberschreitung. Diese
entspricht aufgrund der doppelt so strengen US-Grenzwerte den von der
DUH veröffentlichten Überschreitungen, die in den Niederlanden durch TNO
gemessen wurden. Das in Deutschland für den Entzug der Typzulassung
zuständige Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) schweigt
bislang. Auf den von der DUH im Januar 2016 gestellten Antrag auf
Entzug der Typzulassung für den Mercedes C-Klasse 220 CDi hat das KBA
bisher nicht geantwortet.
Hintergrund:
Die
Daimler AG hatte als Reaktion auf den am 3.2.2016 durch die DUH
erhobenen Vorwurf der Verwendung von Abschalteinrichtungen eine solche
eingeräumt, mit der die Wirksamkeit
des Emissionsminderungssystems bei Außentemperaturen unter (plus) 10
Grad Celsius ‚zum Schutz des Motors‘ verringert wird. Nach einer
schriftlichen Bestätigung zum Bericht 2015/R10702 des niederländischen
Prüfinstituts TNO lagen die bei dem geprüften Mercedes-Benz
C 220 BlueTEC gemessenen NOx-Emissionen bei Außentemperaturen zwischen
sieben und zehn Grad Celsius mit 817 mg NOx/km um das mehr als Zehnfache
über dem geltenden Grenzwert bei für den Stadtverkehr typischen
Geschwindigkeiten von 0 – 45 km/h. Gegenüber den
Messwerten auf dem Rollenprüfstand war die Abweichung auf der Straße
sogar um den Faktor 20 höher.
Da
die Daimler AG im Zusammenhang mit den oben zitierten Werbeversprechen
nicht auf diese Verringerung der Wirksamkeit des
Emissionskontrollsystems hinweist, obwohl in Deutschland
in über 50 Prozent der Zeit Temperaturen von unter zehn Grad Celsius
herrschen, sind diese Aussagen irreführend.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen