21. Januar 2016

Guantánamo: Obama muss das US-Gefangenenlager endlich schließen


US-Präsident Obama versprach bei seinem Amtsantritt 2009, das Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba innerhalb eines Jahres zu schließen. Sieben Jahre danach sind dort noch immer 93 Männer inhaftiert

BERLIN, 21.01.2016 – Kurz nach seinem Amtsantritt unterzeichnete US-Präsident Barack Obama am 22. Januar 2009 ein Dekret, wonach das Gefangenenlager Guantánamo innerhalb eines Jahres geschlossen werden sollte. Sein Versprechen jährt sich an diesem Freitag zum siebten Mal. Und noch immer sind fast 100 Männer in Guantánamo inhaftiert – fast alle ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Obama scheidet im Januar 2017 aus dem Amt, ihm bleibt also noch knapp ein Jahr, sein Versprechen einzulösen, Guantánamo endlich zu schließen und alle Häftlinge entweder einem rechtsstaatlichen Verfahren zuzuführen oder umgehend freizulassen. Die von den USA als unschuldig eingestuften Häftlinge müssen entweder in ihr Heimatland oder ein sicheres Drittland überführt werden.

„Die USA treten gegenüber anderen Staaten für Demokratie und Menschenrechte ein und betreiben gleichzeitig ein Gefangenenlager, in dem die Menschenrechte ignoriert werden. Guantánamo ist das Sinnbild für staatliche Willkür im Namen der Terrorismusbekämpfung. Präsident Obama hat noch ein Jahr Zeit, um diesen unerträglichen Zustand endlich zu beenden“, sagt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Das Lager war im Januar 2002 als Reaktion auf die Terroranschläge in New York und Washington am 11. September 2001 errichtet worden. Zwischenzeitlich waren dort fast 800 Männer aus mehr als 40 Ländern inhaftiert.

Guantánamo ist Teil des Folterprogramms der CIA. Der US-Geheimdienst entführte nach 2001 weltweit Verdächtige auf offener Straße, brachte sie in geheime Gefängnisse oder nach Guantánamo und ließ sie grausam foltern, das alles auch mit europäischer Beteiligung. Viele Guantánamo-Häftlinge wurden in den letzten 14 Jahren Opfer von Folter wie Isolation, Schlafentzug oder Waterboarding. Sie sollten dazu gezwungen werden, Informationen über angebliche Terrorverdächtige preiszugeben. Bis heute wurde kein einziger Häftling für diese Qualen entschädigt. Die Verantwortlichen sind noch immer nicht zur Rechenschaft gezogen worden.

Obama plant zwar, einen Teil der Häftlinge freizulassen. Einige Häftlinge sollen jedoch auf unbestimmte Zeit ohne Anklage und Gerichtsverfahren inhaftiert bleiben und in ein Hochsicherheitsgefängnis auf dem US-Festland verlegt werden. „Mit einer solchen Maßnahme würde sich lediglich der Ort für diesen menschenrechtsfreien Raum ändern“, so Çalışkan. „Inhaftierungen auf unbestimmte Zeit ohne Anklage und Verfahren sind menschenrechtswidrig – egal ob in Guantánamo oder einem anderen Gefängnis. Statt das ‚System Guantánamo‘ auf dem US-Festland aufrecht zu halten, sollte sich Präsident Obama lieber darauf konzentrieren, endlich die vielen Folter-Überlebenden und ihre Familien zu entschädigen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“, fordert Çalışkan.

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