Deutsche Umwelthilfe erzielt Teilerfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht
– Voraussetzungen der wasserrechtlichen Erlaubnis für Block 5 wurden unvollständig geprüft
– Tatsächlich bereits vorhandene Schadstoffbelastung im Main
ist maßgeblich, nicht allein, ob das Kraftwerk weniger emittiert als zuvor
– Hessischer VGH muss erneut prüfen und entscheiden
Berlin, 2. November 2017:
Die
Zukunft des Kohlekraftwerks Staudinger in Hessen bleibt in der Schwebe.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat auf die Klage der Deutschen
Umwelthilfe (DUH) gegen die für den Kraftwerksbetrieb
erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis für den Zeitraum 2016 bis 2028
an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) zurückverwiesen (Az. 7 C
25.15). Dieser muss nun der Frage nachgehen, ob die von dem Kraftwerk
ausgehenden Quecksilbereinträge die Erreichung
eines guten chemischen Zustands des Mains gefährden. Unter einer
wasserrechtlichen Erlaubnis versteht man die zwingende behördliche
Genehmigung, Wasser zu einem bestimmten Zweck benutzen zu dürfen, wozu
auch das Einleiten von Stoffen wie Quecksilber zählt.
Ob die Voraussetzungen zur Erteilung der neuen wasserrechtlichen
Erlaubnis für den Kraftwerksblock 5 vorliegen, wurde, so das BVerwG,
bislang nicht ausreichend ermittelt.
„Bei
der Prüfung, ob durch die erlaubte Gewässerbenutzung die anzustrebende
Verbesserung des Gewässerzustandes gefährdet wird, kann aber nicht
allein auf die Reduzierung der
Einleitungen abgestellt werden“, so die Pressestelle des BVerwG. Für
die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis ist damit die tatsächliche Schadstoffbelastung
im Gewässer maßgeblich, nicht allein die Tatsache, dass das Kraftwerk weniger emittiert als zuvor.
Rechtsanwalt
Peter Kremer, der die DUH in dem Rechtsstreit vertritt: "Das
Urteil des BVerwG enthält eine für den Umweltschutz erfreuliche
Klarstellung: Entscheidend ist die Zukunft eines Gewässers, nicht dessen
Vergangenheit. Frühere Gifteinleitungen sind kein
Maßstab dafür, was erlaubt ist und was nicht."
Der Main ist bereits erheblich quecksilberbelastet. Quecksilber ist eines der gefährlichsten Umweltgifte.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, ruft in Erinnerung:
„Das in Fischen vorgefundene Methylquecksilber ist hochgiftig für
Menschen. Es reichert sich in der Leber an. Die Quecksilberbelastung der
Fische im Main ist so hoch, dass Kindern und schwangeren Frauen von
deren Verzehr abgeraten werden muss.
Auch natürliche Fressfeinde von Fischen wie Greif- und Wasservögel werden durch Quecksilber bedroht.“
Eine
der Emissionsquellen von Quecksilber sind Kohlekraftwerke. Dennoch
erteilte das Land Hessen 2012 eine neue wasserrechtliche Erlaubnis für
Block 5
des Steinkohlekraftwerks "Staudinger" am Standort Großkrotzenburg und
Hanau/Groß-Auheim, obwohl durch dessen Betrieb die bereits bestehende
hohe Quecksilberfracht des Flusses Main weiter erhöht wird. Das
Kohlekraftwerk wurde damals noch von der E.ON Kraftwerke
GmbH, mittlerweile von der Uniper Kraftwerke GmbH, betrieben.
Mit
Bescheid vom 28. März 2012 erteilte das Regierungspräsidium Darmstadt
die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis mit Geltung ab dem 1. Januar
2016
und befristet bis zum 15. Dezember 2028. Die Genehmigung umfasste die
Erlaubnis, zum Betrieb des Kraftwerkblocks Wasser aus dem Main zu
entnehmen und Kraftwerksabwässer in den Fluss einzuleiten. Die Abwässer
aus dem Kraftwerk sind dabei quecksilberbelastet.
Die
Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) verlangt von den Mitgliedstaaten,
ihre Gewässer in einen guten chemischen Zustand zu versetzen. Dieses
Ziel hätte bereits im Jahr 2015
erreicht sein müssen. Tatsächlich ist die Quecksilberbelastung des
Mains viel zu hoch, deshalb müssen erhebliche Anstrengungen unternommen
werden, um den geforderten Zustand zu erreichen.
Die
DUH hatte in dem Klageverfahren gegen die wasserrechtliche Erlaubnis
für Block 5 des Kraftwerks vorgetragen, dass die Quecksilbereinträge aus
dem Kraftwerksbetrieb dazu beitragen,
diese Zielerreichung dauerhaft zu gefährden. Nach Ansicht der DUH darf
überhaupt kein Quecksilber in den Main eingetragen werden, was zur
Konsequenz hätte, dass das Kraftwerk nicht weiter betrieben werden darf.
Peter Ahmels, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, betont:
„Wir begrüßen, dass hier nochmal genau hingeschaut werden muss, ob es zu unzulässigen Einträgen kommt.“
Der
hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat am 14. Juli 2015 die
Klage der DUH gegen die neue wasserrechtliche Erlaubnis von 2016 bis
2028als unbegründet abgewiesen (Az.
9 C 1018/12.T). Das BVerwG als höchstes deutsches Verwaltungsgericht
hat nun jedoch festgestellt, dass die Frage vom Hessischen VGH nicht
geklärt wurde, ob trotz des Kraftwerkbetriebs die Ziele der
Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden können. Es muss nun
die Schadstoffbelastung des Mains einerseits und der Anteil der
Kraftwerkseinträge andererseits ermittelt werden.
Danach muss die Frage geklärt
werden, ob die vom Kraftwerk ausgehenden Quecksilbereinträge das
Erreichen des von der WRRL verlangten Zustands gefährden. Die Sache
wurde daher an den Hessischen VGH zur erneuten Prüfung
und Entscheidung zurückverwiesen.
Sollte
die DUH dort im Ergebnis Recht bekommen, hätte dies Auswirkungen auf
alle Kohlekraftwerke in Deutschland, da die Quecksilberbelastung in
allen Gewässern zu hoch ist und
von nahezu allen Kohlekraftwerken Quecksilber eingebracht wird. „Das
Urteil des BVerwG ist ein positives Signal, dass es mit der
Kohleverstromung so nicht weitergehen kann. Wir sind optimistisch, dass
sich der gesunde Menschenverstand auch am Ende durchsetzen
wird“, so Müller-Kraenner.
Links:
·
Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts:
http://www.bverwg.de/pm/2017/75
·
Mehr Informationen zum Engagement der DUH gegen Kohlekraft:
http://www.duh.de/projekte/kohle/
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