Nach
Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe betrug 2015 die
durchschnittliche Abweichung zwischen Herstellerangaben und realen
Werten
in Deutschland 42 Prozent, in den USA dagegen nur drei Prozent –
Mercedes E-, A- und C-Klasse mit jeweils über 50 Prozent Mehrverbrauch
Spitzenreiter beim ICCT-Vergleich – 2,2 Milliarden Euro Steuerausfall
durch falsche Angaben in 2016 – Harvey Rosenfield
von der amerikanischen Verbraucherschutzorganisation Consumer Watchdog
erläutert Zusammenspiel mit amerikanischen Behörden zur Aufdeckung von
falschen Spritverbrauchsangaben der Autobauer – Bundesverkehrsminister
Dobrindt verhöhnt Luftreinhaltung: VW-Pritschenwagen
Amarok nach Softwareupdate schmutziger und durstiger
Berlin, 24.2.2016:
Seitdem in Deutschland der CO2-Ausstoß über die Höhe der Kfz-Steuer
entscheidet,
melden die Autohersteller immer unrealistischere Verbrauchswerte an die
Zulassungsbehörden. Gleichzeitig weigert sich das Kraftfahrt-Bundesamt
(KBA), die Herstellerangaben nachzuprüfen und falsche Werte zu
korrigieren. In der Folge findet derzeit anstelle
eines Wettbewerbs um die beste verfügbare Technologie zur
Emissionsminderung ein Wettkampf um immer gewagtere, illegale
Tricksereien statt, der den Autokäufern, der Umwelt und dem Staat
schadet. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert deshalb die Einrichtung
einer von der Autolobby unabhängigen Stelle beim Umweltbundesamt, die
falsche Spritverbrauchsangaben überprüft und konkreten Beschwerden von
Autohaltern nachgeht.
DUH-Untersuchungen
der TOP-25 Pkw-Zulassungen für das Jahr 2015 haben ergeben, dass die
Abweichungen zwischen Herstellerangaben und Realverbrauch auf
durchschnittlich 42 Prozent
angewachsen sind. Laut Transport and Environment (T&E) auf
Datenbasis von ICCT schneidet Mercedes mit der E-, A- und C-Klasse und
Abweichungen von jeweils über 50 Prozent am schlechtesten ab, gefolgt
vom 5er BMW mit über 45 Prozent. Nach Berechnungen der DUH
betragen die Mehrkosten für den Autohalter über die Nutzungsdauer eines
Fahrzeugs circa 4.000 bis 6.000 Euro. Der finanzielle Schaden durch
Steuermindereinnahmen beträgt in diesem Jahr 2,2 Milliarden Euro.
Gemeinsam
mit dem Gründer der amerikanischen Verbraucherschutzorganisation
Consumer Watchdog, Harvey Rosenfield, präsentierte die DUH heute
(24.2.2016) in Berlin, wie amerikanische
Verbraucherschutzverbände und Behörden aufgrund besserer
Verbraucherschutzrechte erfolgreich gegen Falschangaben von
Fahrzeugherstellern beim Spritverbrauch vorgehen. Durch eine 2012 von
Consumer Watchdog angestrengte Sammelklage gegen Kia und Hyundai gelang
es beispielsweise, für 900.000 betroffene Autobesitzer eine finanzielle
Kompensation und eine Korrektur der amtlichen Verbrauchsangaben
durchzusetzen und die amerikanischen Behörden seitdem zu regelmäßigen
Kontrollen von Neufahrzeugen zu bewegen. Weil ihre
Fahrzeuge signifikant erhöhte Verbrauchswerte aufwiesen, mussten Kia
und Hyundai eine Strafe von 300 Millionen US-Dollar an die Environmental
Protection Agency (EPA) sowie mehrere hundert Millionen US-Dollar
Schadenersatz an die betroffenen Autohalter zahlen.
„Wir
fordern für Deutschland verbesserte Klagemöglichkeiten nach
amerikanischen Vorbild für den Autohalter wie für Umwelt- und
Verbraucherschutzverbände, um einen wirksamen
Verbraucherschutz bei falschen Spritverbrauchs-,CO2- und sonstigen
Schadstoffemissionen vor Gericht durchsetzen zu können. Die Erfolge von
Consumer Watchdog zeigen, wie wirksamer Verbraucherschutz aussehen kann.
Darüber hinaus sollte analog zur EPA in den
USA das Umweltbundesamt behördliche Nachprüfungen der Herstellerangaben
vornehmen. Das Kraftfahrtbundesamt ist hierfür gänzlich ungeeignet“, so
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Doch anstatt den
Millionen betroffenen Autofahrern bei der Durchsetzung ihrer Rechte
gegenüber den Autokonzernen zu helfen verweigert Deutschland die seit
Jahren vorgeschriebenen behördlichen Kontrollen
und wirkungsvolle Sanktionen und verzichtet auf 2,2 Milliarden Euro
Steuereinnahmen.“
„Das
Recht der amerikanischen Verbraucher, gemeinsam in Gruppenklagen ihre
Interessen gegen die Hersteller vor Gericht durchzusetzen, ist der
einzige Weg, um die Menschen
vor dem Betrug der Autobauer zu schützen“, sagte
Harvey Rosenfield.
In
den vergangenen Jahren wurden in den USA auch Ford, BMW und Daimler mit
falschen Spritverbrauchsangaben auffällig und mussten diese auf Druck
der US-Behörden korrigieren.
Die vom Staat durchgeführten Kontrollen, die transparente und sofortige
Veröffentlichung der entdeckten Werte und abschreckend hohe Strafen
führen heute in den USA dazu, dass die offiziellen Spritverbräuche nur
um drei Prozent über den Herstellerangaben liegen.
In
Deutschland dagegen werden seit fünf Jahren die Neufahrzeuge nur noch
auf dem Papier sauberer. Nach offiziellen Angaben des
Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) ging der CO2-Ausstoß
der Neuwagenflotte zwischen 2009 bis 2014 von 154 auf 133 g CO2/km
zurück. Korrigiert man diese offiziellen Werte allerdings um die von
Jahr zu Jahr stärkeren Abweichungen, stiegen die realen CO2-Emissionen
zwischen 2009 und 2014 sogar von 184 g CO2/km auf
186 g CO2/km an. Mitverantwortlich dafür sind immer stärkere Motoren
und der Trend zu schweren SUVs.
Wie
wenig Bundesverkehrsminister Dobrindt eine Verbesserung der
Luftqualität interessiert, zeigt der derzeit durchgeführte Rückruf und
das Softwareupdate beim VW Pritschenwagen
Amarok. Nach Recherchen der DUH existieren offensichtlich keinerlei
Vorgaben, auf welchen NOx-Wert die Dieselabgase abgesenkt werden müssen.
Erste Messungen von Leistungsdaten und Emissionen des Fahrzeugs durch
ein britisches Testlabor im Auftrag des Magazins
„Auto, Motor und Sport“ zeigen nach dem Softwareupdate ein
„Motor-Doping“: Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h wurde um knapp
eine Sekunde verkürzt, der Motor hat mehr Drehmoment bekommen. Der
Autohalter bezahlt diese Leistungssteigerung mit einem
Spritmehrverbrauch
von 0,5 bis 0,7 Liter/100 km. Und die die Gesundheit bedrohenden hohen
NOx-Emissionen von 1.500 erhöhten sich durch das Softwareupdate sogar
noch um 20 mg/km.
Da
sich das KBA seit Oktober 2015 weigert, die technischen Auflagen zum
VW-Rückruf offenzulegen, hat die DUH am 22. Januar 2016
Untätigkeitsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland
erhoben.
Links:
Die ICCT-Studie „From laboratory to road: a 2015 update”:
http://l.duh.de/icct2015
Die T&E-Studie „Mind the Gap 2015“:
http://l.duh.de/te2015
Hintergrundmaterial und ein Lebenslauf von Harvey Rosenfield:
http://l.duh.de/p240216
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