Berlin, 29. Dezember 2014. Zum Jahreswechsel gewinnt die
Lobbyistenszene drei ehemalige Regierungsmitglieder hinzu: Der
ehemalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla tritt seinen Job als
oberster Lobbyist bei der Deutschen Bahn an und
Ex-Entwicklungsminister Dirk Niebel wird Cheflobbyist beim
Rüstungskonzern Rheinmetall. Die ehemalige Staatssekretärin im
Umweltministerium, Ursula Heinen-Esser, wird Hauptgeschäftsführerin
des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL,
siehe Hintergrund). Insbesondere die Seitenwechsel von Pofalla und
Niebel waren und sind umstritten und zeigen vor allem eins: Eine
verbindliche Regelung für ausscheidende Minister und
Staatssekretäre, wie die Organisation LobbyControl sie seit langem
fordert, ist dringend nötig. Ein entsprechender Gesetzesentwurf des
Innenministeriums wurde in der Woche vor Weihnachten in die
Abstimmung mit den anderen Ressorts gegeben.
„2014 war das Jahr der Seitenwechsel. Viele Minister und
Staatssekretäre wechselten in Jobs, die Lobbyarbeit beinhalten. Wir
freuen uns, dass die Bundesregierung nun endlich einen konkreten
Vorschlag für eine gesetzliche Regelung auf den Tisch legt“, sagt
Timo Lange von LobbyControl.
Inhaltlich sieht LobbyControl aber deutlichen Nachbesserungsbedarf:
„Was die Koalition nun vorgelegt hat, reicht nicht aus und wird die
Debatte um fragwürdige Seitenwechsel nicht beenden. Wir brauchen die
klare Aussage, dass Wechsel in Lobbyjobs auch dann unter die
Karenzzeit fallen, wenn beispielsweise ein Staatssekretär aus dem
Verkehrsministerium als Lobbyist von der Tabakindustrie angeworben
wird“, fordert Lange. „Es ist essentiell, dass die Karenzzeit auch
da Anwendung findet, wo der Betroffene vornehmlich auf Grund der im
Amt erworbenen Regierungskontakte und -kenntnisse zum Zweck der
politischen Interessenvertretung angeheuert wird“, so Lange. Dies
sei schon deshalb sinnvoll, weil bei politischen Spitzenpositionen
der genaue Verantwortungsbereich nicht exakt abgegrenzt werden kann.
Zudem kritisiert LobbyControl, dass bisher keine
Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen sind, wenn sich ein Seitenwechsler
nicht an die Vorgaben des Gesetzes halten sollte, etwa was die
rechtzeitige Anzeige der Aufnahme einer neuen Tätigkeit betrifft.
„Hier sollte die Bundesregierung noch nachlegen. Ohne Sanktionen ist
zu befürchten, dass die Karenzzeit zu einem zahnlosen Tiger wird.
Öffentliche Kritik reicht insbesondere bei bereits aus dem Amt
geschiedenen Politikern als Kontrollinstrument nicht aus.“
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