23. Juni 2013

Hintergründe zu den Folgen des Brunsbüttel-Urteils

Hintergründe zu den Folgen des Brunsbüttel-Urteils

Niedersachsen kann Endlagersuchgesetz nicht zustimmen / Auch für andere
Zwischenlager kein Sicherheitsnachweis vor Gericht / Geheimhaltung von
Unterlagen beweist die Anfälligkeit der Anlagen / Entsorgungsnachweis
der AKW gefährdet


1. Castor-Stopp nach Gorleben steht auf tönernen Füßen. Damit kann
Niedersachsen dem Endlagersuchgesetz nicht zustimmen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat gestern erklärt,
dass das Brunsbüttel-Urteil keinen Einfluss auf das Endlagersuchgesetz
hat, da in dieses Gesetz ein Verbot von Transporten nach Gorleben
geschrieben werden soll. Zwar ist es richtig, dass sich Bund und Länder
auf dieses Verbot geeinigt haben. Da dieses Verbot aber nicht sachlich,
sondern nur politisch begründet ist, können die AKW-Betreiber, die jetzt
eine gültige Genehmigung für Gorleben haben, die Transporte vor Gericht
durchsetzen. Die Stromkonzerne haben gegenüber Bundesumweltminister
Altmaier erklärt, das sie sich diese Klage vorbehalten und nur bereit
sind, darauf zu verzichten, wenn die Genehmigungsverfahren für die
Einlagerung der Castoren aus Sellafield und La Hague sehr schnell
vonstattengehen und von allen beteiligten Behörden „uneingeschränkte
politische Unterstützung“ kommt. Nach dem Brunsbüttel-Urteil ist aber
heute schon klar, und das hat beispielsweise die Landesregierung in Kiel
gestern noch einmal betont, dass das Genehmigungsverfahren sehr
gründlich, aufwändig und damit langwierig laufen wird. Damit ist die
Bedingung der Betreiber nicht erfüllt und sie werden –
höchstwahrscheinlich erfolgreich – gegen das Gorleben-Verbot klagen.
Damit ist die Entkoppelung der Castor-Frage vom Endlagersuchgesetz
hinfällig und die Bedingung Niedersachsens für die Zustimmung zum Gesetz
ist nicht erfüllt. Stephan Weil muss im Bundesrat mit Nein stimmen, wenn
er seiner Linie treu bleiben will.


2. Unterschiedliche Urteile zu fast baugleichen Zwischenlagern beruhen
nicht auf sachlichen Erwägungen, sondern haben einen formalen Grund.

In der Berichterstattung über das Brunsbüttel-Urteil ist davon die Rede,
dass Klagen gegen baugleiche Zwischenlager gescheitert sind. Das ist
faktisch richtig, hat aber keinen sachlichen, sondern einen formalen
Grund: In der ersten Runde von Urteilen in Sachen Zwischenlager haben
alle Oberverwaltungsgerichte die Klagen abgewiesen mit der Begründung,
ein Flugzeugabsturz auf eine Castor-Halle sei so unwahrscheinlich, dass
er zum „hinnehmbaren Restrisiko“ gehört. Nur manche Gerichte haben die
Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat
dann in der Revision festgestellt, dass Flugzeugabstürze nicht unter das
Restrisiko fallen, sondern dass die Hallen dagegen ausgelegt sein
müssen. Nun hat das OVG Schleswig festgestellt, dass unter diesen
Bedingungen die Genehmigung für Brunsbüttel keinen Bestand haben kann.
An den anderen Gerichten, z.B. in Bayern, konnte es diese zweite Runde
nicht geben, weil die Gerichte keine Revision gegen ihr erstes Urteil
zugelassen haben. Aber auch die bayerischen Gerichte haben


3. Strahlenschutz-Bundesamt beweist, dass es keinen Beweis der
Terrorsicherheit hat

Das Bundesamt für Strahlenschutz argumentiert, dass es den Beweis
erbracht habe, dass die Zwischenläger gegen den Absturz eines Airbus
A380 aushalten. Gleichzeitig legt es die Berechnungen aber nicht offen,
mit der Begründung, man wolle Terroristen keine Hinweise geben. Wäre
aber alles vollkommen sicher und gäbe es keine Schwachstellen, dann
müssten die Unterlagen nicht geheim bleiben. Die Tatsache, dass
überhaupt etwas geheim gehalten werden muss, beweist, dass das
Zwischenlager nicht sicher ist.


4. An den Zwischenlagern hängt der Entsorgungsnachweis der AKW

Die neun in Deutschland in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke haben
eine Genehmigung, die auf einem so genannten
„Entsorgungsvorsorgenachweis“ beruht. Die Betreiber müssen den Behörden
also nachweisen, was sie – zumindest für die nächsten Jahre - mit ihrem
Atommüll machen. Wird das Brunsbüttel-Urteil rechtskräftig und auch dann
auf dieser Grundlage auch noch einmal die Genehmigungen anderer
Zwischenlager beklagt, kann da dazu führen, dass die Reaktoren
abgeschaltet werden müssen, weil ihnen nicht nur eine langfristige
Lagermöglichkeit fehlt (die ist für den Entsorgungsnachweis
skandalöserweise gar nicht nötig), sondern auch die Lagermöglichkeit für
die nächsten Jahrzehnte.

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