Hintergründe zu den Folgen des
Brunsbüttel-Urteils
Niedersachsen kann Endlagersuchgesetz nicht zustimmen
/ Auch für andere
Zwischenlager kein Sicherheitsnachweis vor Gericht /
Geheimhaltung von
Unterlagen beweist die Anfälligkeit der Anlagen /
Entsorgungsnachweis
der AKW gefährdet
1. Castor-Stopp nach Gorleben steht auf
tönernen Füßen. Damit kann
Niedersachsen dem Endlagersuchgesetz nicht
zustimmen.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hat
gestern erklärt,
dass das Brunsbüttel-Urteil keinen Einfluss auf das
Endlagersuchgesetz
hat, da in dieses Gesetz ein Verbot von Transporten nach
Gorleben
geschrieben werden soll. Zwar ist es richtig, dass sich Bund und
Länder
auf dieses Verbot geeinigt haben. Da dieses Verbot aber nicht
sachlich,
sondern nur politisch begründet ist, können die AKW-Betreiber, die
jetzt
eine gültige Genehmigung für Gorleben haben, die Transporte vor
Gericht
durchsetzen. Die Stromkonzerne haben gegenüber
Bundesumweltminister
Altmaier erklärt, das sie sich diese Klage vorbehalten
und nur bereit
sind, darauf zu verzichten, wenn die Genehmigungsverfahren für
die
Einlagerung der Castoren aus Sellafield und La Hague sehr
schnell
vonstattengehen und von allen beteiligten Behörden
„uneingeschränkte
politische Unterstützung“ kommt. Nach dem
Brunsbüttel-Urteil ist aber
heute schon klar, und das hat beispielsweise die
Landesregierung in Kiel
gestern noch einmal betont, dass das
Genehmigungsverfahren sehr
gründlich, aufwändig und damit langwierig laufen
wird. Damit ist die
Bedingung der Betreiber nicht erfüllt und sie werden
–
höchstwahrscheinlich erfolgreich – gegen das Gorleben-Verbot
klagen.
Damit ist die Entkoppelung der Castor-Frage vom
Endlagersuchgesetz
hinfällig und die Bedingung Niedersachsens für die
Zustimmung zum Gesetz
ist nicht erfüllt. Stephan Weil muss im Bundesrat mit
Nein stimmen, wenn
er seiner Linie treu bleiben will.
2.
Unterschiedliche Urteile zu fast baugleichen Zwischenlagern beruhen
nicht auf
sachlichen Erwägungen, sondern haben einen formalen Grund.
In der
Berichterstattung über das Brunsbüttel-Urteil ist davon die Rede,
dass Klagen
gegen baugleiche Zwischenlager gescheitert sind. Das ist
faktisch richtig,
hat aber keinen sachlichen, sondern einen formalen
Grund: In der ersten Runde
von Urteilen in Sachen Zwischenlager haben
alle Oberverwaltungsgerichte die
Klagen abgewiesen mit der Begründung,
ein Flugzeugabsturz auf eine
Castor-Halle sei so unwahrscheinlich, dass
er zum „hinnehmbaren Restrisiko“
gehört. Nur manche Gerichte haben die
Revision gegen das Urteil zugelassen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat
dann in der Revision festgestellt, dass
Flugzeugabstürze nicht unter das
Restrisiko fallen, sondern dass die Hallen
dagegen ausgelegt sein
müssen. Nun hat das OVG Schleswig festgestellt, dass
unter diesen
Bedingungen die Genehmigung für Brunsbüttel keinen Bestand haben
kann.
An den anderen Gerichten, z.B. in Bayern, konnte es diese zweite
Runde
nicht geben, weil die Gerichte keine Revision gegen ihr erstes
Urteil
zugelassen haben. Aber auch die bayerischen Gerichte
haben
3. Strahlenschutz-Bundesamt beweist, dass es keinen Beweis
der
Terrorsicherheit hat
Das Bundesamt für Strahlenschutz
argumentiert, dass es den Beweis
erbracht habe, dass die Zwischenläger gegen
den Absturz eines Airbus
A380 aushalten. Gleichzeitig legt es die
Berechnungen aber nicht offen,
mit der Begründung, man wolle Terroristen
keine Hinweise geben. Wäre
aber alles vollkommen sicher und gäbe es keine
Schwachstellen, dann
müssten die Unterlagen nicht geheim bleiben. Die
Tatsache, dass
überhaupt etwas geheim gehalten werden muss, beweist, dass
das
Zwischenlager nicht sicher ist.
4. An den Zwischenlagern hängt
der Entsorgungsnachweis der AKW
Die neun in Deutschland in Betrieb
befindlichen Atomkraftwerke haben
eine Genehmigung, die auf einem so
genannten
„Entsorgungsvorsorgenachweis“ beruht. Die Betreiber müssen den
Behörden
also nachweisen, was sie – zumindest für die nächsten Jahre - mit
ihrem
Atommüll machen. Wird das Brunsbüttel-Urteil rechtskräftig und auch
dann
auf dieser Grundlage auch noch einmal die Genehmigungen
anderer
Zwischenlager beklagt, kann da dazu führen, dass die
Reaktoren
abgeschaltet werden müssen, weil ihnen nicht nur eine
langfristige
Lagermöglichkeit fehlt (die ist für den
Entsorgungsnachweis
skandalöserweise gar nicht nötig), sondern auch die
Lagermöglichkeit für
die nächsten Jahrzehnte.

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