Das Handelsabkommen mit Kanada stellt SPD auf die Probe
Hamburg, 3. 6. 2016 – Wenn die SPD dem
Handelsabkommen CETA zustimmt, verrät sie ihre eigenen
Mindestanforderungen an ein Handelsabkommen. Greenpeace hat den
CETA-Vertragstext mit den SPD-Richtlinien verglichen und die
Unterschiede gegenübergestellt. Gleichwohl spricht sich die SPD-Spitze
für das Abkommen aus. Ihre roten Linien hatte die SPD bereits 2014 und
2015 diskutiert und festgelegt, um Europa bei Handelsabkommen nicht
ausschließlich den Konzernen zu überlassen (SPD-Richtlinien:
gpurl.de/tevb9 und gpurl.de/dummt).
„Wenn die SPD ihre Glaubwürdigkeit bewahren will und ihre eigenen
Beschlüsse ernst nimmt, muss sie CETA in dieser Form ablehnen“, sagt
Matthias Flieder, Freihandels-Experte von Greenpeace. CETA ist fertig
verhandelt und soll im September unterzeichnet und vorläufig in Kraft
gesetzt werden. CETA in seiner jetzigen Form würde den Schutz für Mensch
und Umwelt in der EU erheblich schwächen, indem es beispielsweise das
Vorsorgeprinzip in Gefahr bringt.
Die SPD hat sich in ihren roten Linien
dazu verpflichtet, die Standards zum Schutz der Umwelt, Arbeitnehmer und
Verbraucher nicht abzusenken. Dazu soll vor allem das Vorsorgeprinzip
geschützt werden. Der ausverhandelte CETA-Vertragstext wird diesen
Mindestanforderungen aber nicht gerecht. Bisher schützt das
Vorsorgeprinzip europäische Verbraucher vor Produkten, deren Sicherheit
nicht nachgewiesen ist. Der CETA-Text erwähnt das Vorsorgeprinzip zwar,
sieht aber keinen Mechanismus vor, es auch durchzusetzen. Eine weitere
Gefahr für die europäischen Standards stellt in CETA das
Regulierungsforum dar, das in Zukunft die Standards zwischen der EU und
Kanada harmonisieren soll. Damit besteht das Risiko, dass abseits
parlamentarischer Kontrolle bestehende Regelungen etwa bei der Anwendung
von Pestiziden oder der Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln
aufgeweicht werden. „Gabriel muss endlich dafür kämpfen, dass die Regeln
für den künftigen Handel den Menschen dienen, nicht den Konzernen“, so
Flieder.
Böse Geschwister: Mit CETA wird TTIP Wirklichkeit
Die Ratifizierung des CETA-Abkommens
ebnet TTIP durch die Hintertür den Weg nach Europa. Durch die engen
wirtschaftlichen Verflechtungen im nordamerikanischen Raum könnten
Konzerne aus den USA über ihre Tochterunternehmen in Kanada europäische
Staaten für deren Gesetzgebung verklagen. 81 Prozent der US-Unternehmen,
die in der EU aktiv sind, wären dazu unmittelbar nach
Vertragsunterzeichnung in der Lage. Eine Flut von Klagen könnte bei
zukünftigen Gesetzgebungen auf Europa zukommen, die auch den
europäischen Steuerzahler trifft.
Die beiden Handelsabkommen werden für die
SPD zur Zerreißprobe. Bereits im Juli 2015 hatte eine Umfrage im
Auftrag der ARD-Tagesthemen ergeben, dass 70 Prozent der SPD-Mitglieder
gegen TTIP sind. In Berlin findet am Sonntag der SPD-Parteikonvent
statt, für den zehn Anträge zu CETA eingegangen sind. Dennoch steht das
Abkommen nicht auf der Agenda und soll erst im September diskutiert
werden.

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