Greenpeace-Umfrage: Tschernobyl prägte Einstellung zur Atomkraft
Hamburg, 24. 4. 2016 –
30 Jahre nach der bisher größten Atomkatastrophe in Tschernobyl halten
85 Prozent der Deutschen über 45 Jahre einen ähnlich schweren Atomunfall
auch in Mittel- und Westeuropa für möglich. Dies ist das Ergebnis einer
TNS-Emnid Umfrage im Auftrag von Greenpeace. Obwohl die Bundesrepublik
ihre sieben ältesten AKW und den Pannenreaktor in Krümmel bereits im
Jahr 2011 abschaltete und den Atomausstieg beschloss, drohen riskante
Pannenreaktoren in den französischen, belgischen und Schweizer
Grenzgebieten Deutschland bei einem Unfall radioaktiv zu verseuchen.
„Den Menschen ist die große Gefahr durch marode AKW in Deutschland und
den Nachbarländern sehr bewusst“, sagt Tobias Münchmeyer, Atom-Experte
von Greenpeace. „Tschernobyl zeigt, dass uns die Folgen eines solchen
Unfalls vor schier unlösbare Probleme stellen. Europa muss daher
schnellstmöglich aus der Atomkraft aussteigen.“
Neun Atomkraftwerke
in Belgien, Frankreich, Tschechien und der Schweiz liegen weniger als
100 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt - darunter die
belgischen Risikomeiler Tihange und Doel und das französische Uralt-AKW
Fessenheim. Berechnungen zur radioaktiven Ausbreitung zeigen, dass im
Falle eines Super-GAU weite Teile Deutschlands vom radioaktiven
Niederschlag betroffen wären. TNS-Emnid fragte vom 9. bis 14. April
insgesamt 1012 Menschen, die 1986 mindestens 15 Jahre alt waren: Sind
Sie der Überzeugung, dass ein ähnlich schwerer Atomunfall wie der von
Tschernobyl auch in Mittel- und Westeuropa passieren könnte? Mit „Nein“
antworteten nur 14 Prozent.
Persönliche Betroffenheit durch explodierten Tschernobyl-Reaktor
61 Prozent der
Befragten gaben an, Tschernobyl habe ihre persönliche Meinung über
Atomkraft negativ verändert. 66 Prozent äußerten, sie hätten Sorge
gehabt, dass Tschernobyl sie persönlich betreffen könne. Nach der
Explosion in Reaktor 4 des ukrainischen AKW wurden am 26. April 1986
gewaltige Mengen Radioaktivität freigesetzt und zogen mehrmals um die
Welt. Besonders Süddeutschland wurde in erheblichem Maße verstrahlt.
Die Bundesregierung
hält trotz erhöhter Gefahr durch Terroranschläge und technischer
Anfälligkeiten am Atomausstieg bis 2022 fest. Zudem setzt sich
Deutschland nicht genug für einen europäischen Atomausstieg ein.
„Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, in Belgien, Frankreich,
Tschechien und der Schweiz mehr Druck für ein schnelles Abschalten der
Reaktoren zu machen. Es ist ein Skandal, dass Schrottmeiler wie
Fessenheim, Tihange und Doel immer noch Millionen Menschen auf beiden
Seiten der Grenzen bedrohen“, so Münchmeyer.

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