3. Mai 2019

Warnung vor Artensterben ernst nehmen: Deutsche Umwelthilfe fordert überfälligen nationalen Aktionsplan für biologische Vielfalt


Deutsche Umwelthilfe appelliert an Welt-Biodiversitätsrat IPBES, ambitionierte Empfehlungen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu verabschieden – Artensterben hängt direkt mit Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele zusammen – DUH fordert Biodiversitätscheck für Entscheidungen von Politik und Wirtschaft

Paris/Berlin, 3.5.2019: Kurz vor Abschluss der Sitzung des Welt-Biodiversitätsrats IPBES (International Panel on Biodiversity and Ecosystem Services) in Paris am morgigen Samstag, den 4. Mai, appelliert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) an die internationalen Delegierten, ambitionierte Empfehlungen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu verfassen, um das weltweite Massensterben von Tier- und Pflanzenarten aufzuhalten. Zu Beginn der Konferenz hatten mehr als einhundert internationale Experten erstmals seit 14 Jahren einen Zustandsbericht der biologischen Vielfalt präsentiert.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH:

„Der vorgestellte Zustandsbericht zeigt, wie dramatisch das Artensterben voranschreitet. Bereits 2007 legte die Bundesregierung eine Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt fest, die allerdings bis heute nur halbherzig realisiert wird. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich ernst zu machen und einen Aktionsplan zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie aufzusetzen. Hauptursachen für das Artensterben sind starker Pestizid- und Düngemitteleinsatz, Landnutzungsänderungen sowie der Klimawandel. Das Artensterben ist demnach eine nationale und internationale Herausforderung. Wir erreichen die internationalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) nur, wenn die biologische Vielfalt stärker berücksichtigt wird. Laut Umweltbundesamt müssen wir für mehrere SDG unbedingt die Stickstoff-Überschüsse reduzieren. Der hohe Bedarf an Eiweißfutter in der industriellen Tierhaltung insbesondere Mittel-Europas hängt beispielsweise direkt mit dem massiven Anbau von gentechnisch verändertem Soja und der Waldzerstörung in Lateinamerika zusammen. Die hohe Nitratbelastung mitteleuropäischer Grundwasserleiter ist zugleich eine Folge des massiven Gülleüberschusses aus der Massentierhaltung. Damit haben unser Konsumverhalten und das derzeitige Modell der industrialisierten Landwirtschaft weitreichende Folgen sowohl für die Anbauregionen als auch für unsere Natur, Böden und Gewässer.“

Die DUH kritisiert darüber hinaus, dass Wechselwirkungen zwischen biologischer Vielfalt und dem Klimawandel von der internationalen Politik bisher zu wenig berücksichtigt werden. Datenlücken erschweren es, die Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt zu bewerten. Dazu Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz und Biodiversität bei der DUH: „Wenn wir die Auswirkungen nicht kennen, können wir auch keine wirksamen Maßnahmen ergreifen. Als Erstunterzeichner der Erklärung von Mérida im Rahmen des vorletzten Welt-Wildnis-Kongresses vor zehn Jahren hat die DUH bereits auf die enorme Bedeutung natürlicher Ökosysteme für den Klimaschutz hingewiesen. Unsere damaligen Forderungen haben leider nicht an Aktualität verloren. Artenreiche Wälder und Moore stellen nicht nur einen kostengünstigen und zuverlässigen Schutz vor Naturgefahren dar, sie speichern ebenso wie lebendige Meere Kohlenstoff. Angesichts viel zu hoher Nährstoffbelastung und Überfischung in Nord- und Ostsee drohen unsere Meere allerdings zu lebensfeindlichen Umgebungen zu werden. Die europäische Agrar- und Fischereipolitik muss deshalb dringend eine 180 Grad Wende vollziehen. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner trägt hier die Verantwortung, dass endlich wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden.“

Die Pariser Konferenz des Welt-Biodiversitätsrates trägt nach Auffassung der DUH dazu bei, das notwendige Bewusstsein für die kostenlosen Leistungen natürlicher Ökosysteme für die Gesellschaft zu vermitteln. „Diese Leistungen müssen in Form eines Biodiversitätschecks dringend Eingang in alle politischen Planungen und Maßnahmen, aber auch in die Entscheidungen der Unternehmen finden. Das aktuell diskutierte Bestreben nach ‚Sustainable Finance‘ in Wirtschaft und Politik ist nur dann glaubwürdig, wenn bei Finanzdienstleistungen auch deren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt berücksichtigt werden“, kommentiert Müller-Kraenner.

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