Deutsche
Umwelthilfe fordert Verkehrsminister Scheuer mit „Three Billboards
Outside BMVI“ im Zuge einer Guerilla-Aktion vor dem Ministerium plakativ
zum Handeln auf – Das zuständige Kraftfahrt-Bundesamt muss 5.000 Euro
Bußgeld pro Betrugsdiesel gegen Audi, BMW, Daimler, Opel, Porsche, VW
und ausländische Hersteller wie Fiat wegen der Verwendung illegaler
Abschalteinrichtungen verhängen und geltendes Recht
durchsetzen – Neues Rechtsgutachten belegt, dass Bußgelder auch gegen
ausländische Fahrzeughersteller wie Fiat möglich und erforderlich sind –
Hersteller müssen zur technischen Nachrüstung der Betrugs-Diesel auf
eigene Kosten verpflichtet werden – Einnahmen
aus den überfälligen Geldbußen sollen zur Finanzierung der
Verkehrswende in Deutschland verwendet werden
Berlin, 18.7.2018:
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert Bundesverkehrsminister Andreas
Scheuer auf, endlich geltendes Recht durchzusetzen und Bußgelder
in der nach EU-Recht geforderten Höhe gegen die betrügerischen
Autokonzerne zu verhängen, deren Diesel-Pkw nachweislich mit einer
illegalen Abschalteinrichtung versehen sind. Aktuell sind bei circa vier
Millionen Diesel-Pkw betrügerische Abschalteinrichtungen
amtlich nachgewiesen. Weitere Euro 5 und 6 Diesel-Pkw-Modelle mit
Betrugssoftware werden folgen. Die DUH geht insgesamt von elf Millionen
betroffenen Diesel-Pkw in Deutschland aus.
Trotz
der eindeutigen Rechtslage hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bislang
keine Geldbußen gefordert. Dabei wäre das KBA auch für diejenigen
Autohersteller zuständig, gegen
die noch keine deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt, vor allem also
für die ausländischen Hersteller, die Autos in Deutschland verkaufen. Um
auf diesen Missstand hinzuweisen, hat die DUH am frühen Morgen des
18.Juli.2018 drei große Werbetafeln vor dem Verkehrsministerium
in Berlin installiert. Sie tragen die Botschaft „12.860 DEAD, 800.000
SICK, 11 MILLION CHEATED DIESEL-OWNERS“; „AND STILL NO REAL FINES OR
FIXES?“; „HOW COME, MINISTER SCHEUER?“. Zum Pressefoto:
http://l.duh.de/p180718.
Ihre Forderung
untermauert die DUH mit einem bei der Aktion vorgestellten aktuellen
Rechtsgutachten von Remo Klinger. Dieses belegt die nach nationalem
Recht vorhandenen Möglichkeiten, die Hersteller von Kraftfahrzeugen,
die Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen in Verkehr
gebracht haben, mit Geldbußen zu belegen. Das durch die
Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen Volkswagen verhängte Bußgeld von
einer Milliarde Euro betrifft andere schwerwiegende Rechtsverstöße.
Allein die sich aus dem Inverkehrbringen von 2,6 Millionen
VW-Betrugsdiesel ergebende Geldbuße beläuft sich auf 13 Milliarden Euro,
wie das Rechtsgutachten zeigt.
„Während
Bundesverkehrsminister Scheuer wie schon seine Vorgänger nicht willens
ist, die gesetzlich vorgeschriebenen Strafen gegen die Konzerne
auszusprechen, fordert beispielsweise die französische
Antibetrugsbehörde
18 Milliarden Euro Strafe von inländischen und italienischen
Herstellern. Doch nicht nur die Beachtung rechtlicher Vorgaben wird
durch Minister Scheuer missachtet, auch die Umsetzung der politischen
Vereinbarung des Koalitionsvertrags, wie etwa die Durchsetzung
wirksamer Hardwarenachrüstung für alle Betrugsdiesel, kommt nicht
voran. Während einer Privatperson beim dreimaligen Busfahren ohne
Fahrschein eine Gefängnisstrafe droht, schützt Dieselminister Scheuer
einseitig die Autokonzerne und lässt die betrogenen Autohalter
im Dieseldunst allein“, so
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Die auch seitens
der EU-Kommission geforderten Strafzahlungen sollten zweckgebunden für
die Finanzierung der Verkehrswende verwendet werden. Wir müssen die
kollektiven Verkehre, Bahn, Bus und Straßenbahn
stärken und den motorisierten Individualverkehr nach dem Beispiel von
Wien und Zürich aus den Innenstädten weitgehend verbannen.“
Die DUH geht
davon aus, dass insgesamt circa elf Millionen Euro 5 und Euro 6
Diesel-Pkw in Deutschland mit einer illegalen Abschalteinrichtung
ausgestattet sind und unsere Innenstädte mit dem giftigen
Dieselabgasgift
Stickstoffdioxid (NO2) verpesten. 12.860 vorzeitige Todesfälle sind
jährlich in Deutschland auf die Belastung mit NO2 zurückzuführen. Der
Schadstoff verursacht zudem nach Berechnungen des Umweltbundesamts jedes
Jahr mehr als 800.000 Atemwegs-, Herz-Kreislauferkrankungen
und Diabetes – besonders Kinder, alte und gesundheitlich vorbelastete
Menschen sind gefährdet.
Das KBA
verzichtet nicht nur auf Geldbußen – es verlangt auch keine wirksame
Reduktion der Abgasemissionen, sondern genehmigt sogar die
Implementation neuer, nun „legaler“ Abschalteinrichtungen, wie
sogenannte „Thermofenster“.
So kommen die deutschen Hersteller selbst im Falle eines festgestellten
Betrugs mit weitgehend unwirksamen Micky-Maus-Software-Updates davon.
Und dies obwohl CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart hatten,
die technische Nachrüstung der insgesamt über
elf Millionen Betrugs-Diesel in Deutschland „zu prüfen“ und
entsprechend den Ergebnissen der Expertengruppe 1 im
Bundesverkehrsministerium durchzusetzen.
Das nun
vorliegende Rechtsgutachten zur „Festsetzung von Geldbußen gegenüber
Kraftfahrzeugherstellern wegen der Verwendung illegaler
Abschalteinrichtungen“ von Rechtsanwalt Remo Klinger zeigt auf, dass
nach nationalem
Recht nicht nur gegen inländische Automobilhersteller wie Volkswagen,
Daimler oder Opel, die illegale Abschalteinrichtungen verwendet haben,
Bußgelder verhängt werden können.
Auch ausländische
Hersteller, wie Fiat, können für den Verkauf von Fahrzeugen mit
illegaler Abschalteinrichtung in Deutschland mit einem Bußgeld belegt
werden. Das dem Verkehrsministerium unterstehende und für die
Verhängung von Bußgeldern zuständige KBA kann bei ausländischen
Herstellern zwar nicht auf die im Ausland erteilte EG-Typgenehmigung
Einfluss nehmen. Dies bedeutet aber nicht, dass in Deutschland begangene
Ordnungswidrigkeiten nicht in Deutschland geahndet
werden könnten.
Die Rechtslage
ist aus Sicht der DUH klar: Da die illegalen Abschalteinrichtungen bei
der Typzulassung nicht angegeben worden sind, sind die
Übereinstimmungsbescheinigungen der Fahrzeuge ungültig. Mit dieser
ungültigen
Bescheinigung sind sie verkauft worden. Auf dieser Grundlage muss ein
Bußgeld in Höhe von 5.000 Euro je Fahrzeug verhängt werden.
Für
die knapp vier Millionen vom KBA mit illegalen Abschalteinrichtungen
versehenen Diesel-Pkw der Marken VW, Audi, Porsche, Daimler, BMW und
Opel
ergibt dies ein Bußgeld in Höhe von 20 Milliarden Euro. Gegen Opel ist
trotz jahrelanger Ermittlungen immer noch kein amtlicher Rückruf
erfolgt, wogegen die DUH verschiedene Klageverfahren vor dem
Oberverwaltungsgericht Schleswig führt. Auch dies hätte längst
geschehen müssen.
Das
KBA hat, ergänzend zu dem Rückruf für 2,6 Millionen manipulierte
VW-Fahrzeuge, mittlerweile unter anderem Rückrufe für die Fahrzeugtypen
Mercedes
Vito, Mercedes C-Klasse, den Mercedes Geländewagen GLC, Audi A6, A7 und
A8, BMW 5er und 7er,
Porsche
Cayenne und Macan, sowie einen großen Teil der VW-Diesel-Pkw verfügt.
Die DUH beantragte daher beim KBA in bislang vier getrennten Verfahren
die
Festsetzung von Geldbußen wegen der Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen bei diesen Fahrzeugen.
Sollten keine
Bußgelder durch deutsche staatliche Stellen festgesetzt werden, verstößt
dies gegen die unionsrechtliche Pflicht zur abschreckenden
Sanktionierung von Verstößen gegen das Typzulassungsrecht für
Kraftfahrzeuge.
Da die deutschen Behörden diese Pflicht bislang nicht erfüllt haben,
hat die EU-Kommission im Dezember 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren
gegen Deutschland eingeleitet.
Das Fazit von Rechtsanwalt
Remo Klinger, der das Gutachten erstellt hat, lautet: „Es
liegt ein eindeutiger Rechtsbruch vor. Es sind illegale
Abschalteinrichtungen verbaut worden, die Behörden haben das mit ihren
Rückrufen bestätigt. Doch noch immer hatten diese keine rechtlichen
Konsequenzen, es werden noch immer keine Bußgelder von den zuständigen
Behörden verhängt. Das ist eindeutig rechtswidrig und illegal von Seiten
der Behörden, allen voran des Verkehrsministeriums. Ebenso wie sein
Vorgänger Alexander Dobrindt weigert sich Andreas
Scheuer geltendes Recht durchzusetzen. Dabei sieht unser nationales
Recht die Verhängung von Bußgeldern gegenüber
Kraftfahrzeugherstellern wegen der Verwendung illegaler Abschalteinrichtungen eindeutig vor.“
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