22. Juli 2017

FOLTER, REPRESSION UND VERTREIBUNG IN DER TÜRKEI

Verhaftungen von MenschenrechtlerInnen in der Türkei


Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert die Bundesregierung
anlässlich der jüngsten Verhaftung von MenschenrechtlerInnen auf, sich
für alle aus politischen Gründen Verfolgten, Vertriebenen und
Inhaftierten einzusetzen. Dazu gehören HDP-Abgeordnete,
-BürgermeisterInnen und -Mitglieder, GewerkschafterInnen,
JournalistInnen, ÄrztInnen, FrauenrechtlerInnen, VertreterInnen ziviler
Vereine, Personen, die verhaftet wurden unter dem Verdacht auf
„Terrorunterstützung“ ohne gerichtsverwertbare Beweise. Deutsche
Waffenlieferungen an den NATO-Partner Türkei müssen verboten werden,
auch die Auslagerung von Waffenproduktion in die Türkei, wie es zur Zeit
von Rheinmetall mit Panzern geplant ist.

Eine Reisegruppe der IPPNW fand im März 2017 in der Türkei, besonders im
Südosten, bedrohliche Entwicklungen vor, die sich seitdem weiter
verschärft haben: Folter bei Festnahmen und in Polizeigewahrsam ist an
der Tagesordnung und die Täter bleiben straffrei. Zahlreiche, vor allem
kurdische BürgermeisterInnen wurden verhaftet ohne Nachweis von
Amtsverfehlungen. Abgeordnete und weitere PolitikerInnen der HDP, u.a. die
Ko-Vorsitzenden, sind seit Monaten im Gefängnis ohne Aussicht auf ein
rechtsstaatliches Verfahren oder Entlassung. ÄrztInnen stehen vor
Gericht, weil sie ihrer ethischen Verpflichtung gehorchend, Patienten ohne
Ansehen der Person behandelt und die Schweigepflicht eingehalten haben.

Zehntausende LehrerInnen, AkademikerInnen, RichterInnen, StaatsanwältInnen
und Angestellte des öffentlichen Dienstes wurden aus politischen Gründen
entlassen. JournalistInnen, die ihre Arbeit gemacht und dabei
regierungskritische Artikel geschrieben haben, wurden entlassen und sind
zum Teil in Haft. Nahezu alle regierungskritischen Zeitungen und
Fernsehsender wurden geschlossen. Zahlreiche Vereine und zivile Gruppen,
die sich für die Belange der Bevölkerung und soziale Unterstützung
einsetzen, wurden verboten.

Alle, die es noch wagen, der Politik der Regierung nicht zuzustimmen,
werden eingeschüchtert und verfolgt. Es gibt eine massive Stimmungsmache
gegen RegierungskritikerInnen, die so weit geht, dass über politische
Themen nicht mehr rational kontrovers diskutiert wird. PolitikerInnen und
andere Personen, die nicht die Regierungsmeinung vertreten, werden
verhaftet.

Die IPPNW hat in Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel und
Außenminister Sigmar Gabriel appelliert, die türkische Regierung zudem
an ihre Verpflichtung zu erinnern, Folter zu unterbinden und die Folterer
zu bestrafen. Zudem müsse Deutschland sich für eine internationale
Untersuchung der Kriegshandlungen in Cizre und anderswo einsetzen und eine
Anklage wegen der dokumentierten Kriegsverbrechen vor dem Internationalen
Strafgerichtshof fordern. Ziel aller Bemühungen müsse es sein, Schritte
zum friedlichen und gleichberechtigten Zusammenleben aller Menschen in der
Türkei zu stärken, den einmal begonnenen Friedensprozess wieder zu
beleben und Vertrauen, Toleranz und Respekt in der Gesellschaft der
Türkei wieder aufzubauen.

Den Bericht der IPPNW-Delegationsreise in die Türkei vom 16. bis 31. März
2017 finden Sie unter https://issuu.com/ippnw/docs/akzente_tuerkei_17_web

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