14. März 2017

Landesbehörden fühlen sich mehr dem Erdgasunternehmen als den Menschen in der Region verpflichtet


Anfrage der BI „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ vom Landesbergamt beantwortet

Landesbehörden fühlen sich mehr dem Erdgasunternehmen als den Menschen in der Region verpflichtet


Am 10. März beantwortete das Landesbergant (LAGB) – nach Fristsetzung – die von uns am 10. Januar gestellten Fragen zur letzten Leckage an der Rohgasleitung bei Pretzier. Am Neujahrstag war einem Spaziergänger Gasgeruch aufgefallen. Als Ursache stellte sich die Leckage einer unter den Äckern verlegten Rohgasleitung heraus.

Unsere Fragen:

  •     Wie bewerten Sie als Aufsichtsbehörde die Tatsache, dass die Leckage nur zufällig durch einen Spaziergänger und nicht vom Erdgasförderer entdeckt wurde?
  •     Wie bewerten Sie den Schadensumfang, der eingetreten wäre, wenn die Leckage nicht zufällig vom Spaziergängern entdeckt und gemeldet worden wären?

beantwortet das Bergamt wie folgt:

  •     Die Leitungen unterliegen einer entsprechenden Drucküberwachung. Im Falle der Schäden an der Nassgasleitung zwischen Klein Gartz und Pretzier wurde der erste Schaden 2016 durch die Drucküberwachung erkannt. Beim zweiten Schaden Anfang 2017 war die Druckabweichung noch zu gering, um von der Drucküberwachung erkannt zu werden. Der Spaziergänger hat offenbar den sich gerade entwickelnden Leitungsschaden zu einem frühen Entstehungszeitpunkt entdeckt.
  •     Wäre der Leitungsschaden nicht vom Spaziergänger entdeckt worden, hätte das Drucküberwachungssystem ab einer bestimmten Druckabweichung die Leckage erkannt und gemeldet.

Wir meinen: ein ganz früher Zeitpunkt kann es denn doch nicht gewesen sein, als der Spaziergänger den Schaden entdeckte. Immerhin hatte das Gas bereits eine1,20 Meter dicke Erdschicht durchdrungen und trat in solcher Menge aus, dass der Spaziergänger vom Geruch so beunruhigt war, dass er die Feuerwehr alarmierte. Auch hält das Bergamt seine Antwort so knapp wie möglich, anstatt z.B. mitzuteilen, ab welcher Druckabweichung eine Leckage erkannt und gemeldet wird.

Auf die Frage

  •     Wie oft kommt es nach Ihrer Kenntnis bei der altmärkischen Erdgasförderung zu derartigen Leckagen?

antwortet das Bergamt:

  1.     Dem LAGB sind für den Zeitraum von 1994 bis 2015 insgesamt 20 Schadensereignisse bekannt, davon 18 korrosionsbedingte Schäden an Nassleitungen und 2 weitere Schadensereignisse an sogenannten Lagerstättenwasserleitungen

Aus der Antwort geht nicht hervor, ob alle Schadensfälle vom Erdgasunternehmen gemeldet wurden. Da vom Schadenereignis bei Pretzier vom 6. September 2016 der Altmarkkreis und die Öffentlichkeit auch nur durch Anwohner erfuhren, die zufällig auf ungewöhnliche Grabungsarbeiten neben der Straße aufmerksam wurden, gehen wir davon aus, dass auch in anderen Fällen das Förderunternehmen seiner Informationspflicht nicht nachgekommen ist, so dass die Zahl 20 viel zu niedrig sein dürfte. Allein an der Rohgasleitung bei Pretzier hat es zwei Leckagen in drei Monaten gegeben. Obwohl der nächste Schadensfall zu erwarten ist, lässt das für die Bergaufsicht zuständige LAGB den Konzern ENGIE weiter machen wie bisher, statt die Interessen der Menschen und der Umwelt in der Region an die erste Stelle zu setzen.

Dass das Bergamt jede Kritik am Förderunternehmen vermeidet, hat sich auch bei der Beantwortung früherer Anfragen immer wieder gezeigt. Man kann sich kaum des Eindrucks erwehren, dass das LAGB sich weniger als Aufsichts- und mehr als Verteidigungsbehörde des Erdgasförderers versteht.

Interessenverquickung von Behörden und Unternehmen

erschwert auch die Aufklärung im Fall der Giftschlammgrube Brüchau („(Queck)silbersee“): Das Institut Asbrand, das ein Konzept langwieriger und – da die Undichtigkeit der Grube aus vorliegenden Befunden längst hervorgeht – u.E. zum Großteil überflüssiger Untersuchungen vorgelegt hat, wurde vom Leiter der Landesanstalt für Altlastenfreistellung (LAF), Jürgen Stadelmann, beauftragt. Stadelmann war von 1998 bis 2006 bei der EEG-Erdgas Erdöl GmbH Berlin/Salzwedel angestellt und leitete dort die Abteilung Rückbau. Es macht uns Mühe nachzuvollziehen, weshalb bezüglich des Inventars der Grube immer wieder von „Kenntnisdefiziten“ die Rede ist.

Auch der Altmarkkreis Salzwedel ist mit dem von Asbrand vorgelegten Untersuchungskonzept alles andere als einverstanden. Er hat bereits am 30.09.2016 die Beauftragung eines Zweitinstituts gefordert, was bei Projekten dieser Größenordnung ohnehin üblich ist.

Ein Zweitinstitut wurde nicht beauftragt und das Anliegen des Landkreises nicht einmal beantwortet. Laut AltmarkZeitung vom 25.01.2017 ist dem Landkreis nicht bekannt, „welche Vorschläge und Hinweise spezifisch und detailliert tatsächlich von Engie berücksichtigt und umgesetzt wurden oder werden“.

Aus dem Wirtschaftsausschuss bisher nur Worte

Der Wirtschaftsausschuss des Landtags, in dessen Zuständigkeit die Giftmüllgrube Brüchau fällt, hat dankenswerter Weise der BI „Saubere Umwelt und Energie Altmark“ am 16.02.2017 in einem öffentlichen Tagesordnungspunkt die Möglichkeit zu zwei kurzen Redebeiträgen eingeräumt. Hierin konnte u.a. auf die bisher nicht öffentlich bekannte Einlagerung radioaktiver Abfallstoffe aus der Erdgasförderung aufmerksam gemacht werden.

Seitdem ist aus dem Ausschuss allerdings nichts mehr zu vernehmen. Die Grüne Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking hat klar gemacht, dass sie aufgrund der vorliegenden Kenntnisse die Verbringung des Grubeninhaltes auf eine geeignete Deponie für die einzige verantwortbare Lösung hält. Die gleiche Position vertreten auch AfD und LINKE. Auch der altmärkische CDU-Abgeordnete Uwe Harms erklärt in der Salzwedeler Volksstimme vom 28.02.2017: „Jetzt kommt es darauf an, eine Entscheidung zur Räumung zu treffen.“

Doch das alles sind nur Worte. Die Taten bestehen darin, dass derzeit begonnen wird, das von Stadelmann beauftragte Asbrand-Konzept umzusetzen. Für Referatsleiter Ranneberg vom Wirtschaftsministerium ist jetzt schon klar, dass die Untersuchungen Asbrands die von ihm (Ranneberg) konstatierte „Dichtheit“ der Grube nur bestätigen werden, so dass für ihn die "endgültige Verwahrung" (Schreiben Rannebergs an Dr. Christfried Lenz vom 17.01.2017) des Grubeninhaltes an Ort und Stelle schon fest steht.

Wir fordern die umgehende Beauftragung eines vertrauenswürdigen Instituts, um eine zweite fachliche Meinung einzuholen!

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