23. Mai 2019

FÜR EIN ANDERES EUROPA - Erklärung der IPPNW zur Europawahl


Aus der Mitte Europas sind zwei Weltkriege entstanden. Einen dritten
Weltkrieg würde die Menschheit angesichts des Bestandes an Atomwaffen
vermutlich nicht überleben. Die IPPNW hat die Vision, dass die Menschen
in den Ländern eines Gesamteuropas, das über die existierende
Europäische Union hinausgeht und auch Russland mit einbezieht, in
friedlicher Kooperation zusammenleben und Menschen in Not Zuflucht bietet
und ihre Menschenrechte wahrt. Ein solches Europa könnte die Kraft und
Resilienz entwickeln, damit die Region in einer globalisierten Welt nicht
erneut zu einem Herd eines weltumspannenden Krieges wird. Die ärztliche
Friedensorganisation sieht in den Strukturen der Europäischen Union
erhebliche Kriegsgefahren und Fluchtursachen.

Die mit der Selbstvernichtung drohende, waffenstarrende globale
Konfliktlage erlaubt den Rückgriff auf Willi Brandts Wort "Frieden ist
nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts". Das radikale Umschwenken
von einer militärischen Sicherheitslogik zu einer zivilen Friedenslogik
kann nicht nur unseren Fortbestand sichern, sondern setzt zugleich die
materiellen Mittel für das Ziel eines friedlichen, gerechten,
demokratischen, gastlichen, sozialen und ökologischen Gesamteuropas frei.

Folgerichtig fordert die IPPNW als Einstieg in ein anders Europa,
dass die Europäische Union ihre militärischen Kräfte abbaut und
Rüstungsprogramme beendet, anstatt Sicherheit durch militärische
Aufrüstung erreichen zu wollen;eine vorausschauende, zivile
Konfliktbearbeitung der Europäischen Union, die mit den entsprechenden
finanziellen Mitteln ausgestattet ist, statt Rüstungsexporte immer wieder
über Menschenrechte zu stellen;dass die Staaten der EU den
Atomwaffenverbotsvertrag unterschreiben, anstatt weiterhin Atomwaffen zu
lagern;dass die Europäische Union das Konzept der Friedenslogik mit dem
Ziel eines zweiten Helsinki-Prozesses in einem Gesamteuropa anwendet,
statt Sicherheit durch militärische Macht sichern zu wollen;dass sich
unsere Europäische Union der Zukunft im Rahmen der UN für eine
internationale, nicht-militärische Friedensordnung einsetzt, statt als
militärischer Weltakteur zur Durchsetzung eigener Interessen
aufzutreten.dass die Europäische Union die Menschenrechte zur Grundlage
ihrer Asyl- und Migrationspolitik macht, sichere und legale
Einreisemöglichkeiten schafft und gleiche soziale Rechte für alle hier
lebenden Menschen einführt, anstatt auf eine militärisch gestützte
Abschottung der EU-Außengrenzen zu setzen, das Massensterben im
Mittelmeer billigend in Kauf zu nehmen und den Abbau von Grundrechten im
Inneren zu forcieren.
Die neoliberale Ausrichtung der EU mit Privatisierungen, Sozialabbau und
Marktliberalisierung führt zu undemokratischen und unsozialen Tendenzen
innerhalb ihrer Länder und schafft bzw. verschärft über ihre Grenzen
hinaus Ungleichheiten und einseitige Abhängigkeiten.

Die IPPNW wirkt als Teil der deutschen und internationalen
Friedensbewegung. Deswegen bestürzt sie, dass die Union ihre Rolle als
globale Großmacht durch militärische Aufrüstung und gemeinsame
Rüstungsprojekte weiter entwickeln will. Selbst eine Union mit eigener
Armee und mit eigener atomarer Bewaffnung wird immer denkbarer. Zwar wird
zivilen Maßnahmen zur Konfliktbearbeitung das Wort geredet, dennoch
bleibt die materielle Ausstattung der zivilen Konfliktbearbeitung weit
hinter den Summen für das Militärische zurück. Grundsätzlich bleibt
das Sicherheitsdenken der politischen Union auf ihr militärisches
Gewaltpotential  gestützt.

In der heutigen EU steckt noch immer der Kern zum Anderen, der Gedanke
eines friedlichen gemeinsamen Europas. Deswegen ist für die IPPNW
entscheidend, dem Ist-Zustand und den Zielen der Europäischen Union eine
innere und äußere gesamteuropäische Vision des Friedens
entgegenzustellen, ein resolutes friedenspolitisches Programm.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...