Hamburg/Münster, 19. April 2018 - Die
Fixierung von Sauen in körpergroßen Metallkäfigen, die sogenannte
Kastenstandhaltung, verstößt gegen geltendes Tierschutzrecht und ist
verfassungswidrig. Dies belegt nun erneut ein von der internationalen
Tierschutzstiftung VIER PFOTEN im Vorfeld der Agrarministerkonferenz
veröffentlichtes Rechtsgutachten. Trotzdem plant die Bundesregierung,
Kastenstände weiterhin zu legalisieren. VIER PFOTEN fordert Bund und
Länder auf, die Kastenstandhaltung abzuschaffen und die Sauenhaltung so
zu regeln, dass sie bestehenden Gesetzen entspricht.
Die Hamburger Rechtsanwältin Dr. Davina Bruhn hat im Auftrag von VIER PFOTEN
ein Gutachten erstellt, welches den Verstoß gegen das Tierschutzrecht
und die Verfassungswidrigkeit der Kastenstandhaltung nachweist. Gleiches
gilt auch für die vom Bundesministerium für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL) geplante Neuregelung zur Sauenhaltung: „Die
Kastenstandhaltung ist rechtswidrig und gehört gänzlich abgeschafft.
Eine Beibehaltung ähnlich dem Entwurf des vom BMEL veröffentlichten
Eckpunktepapiers stellt einen klaren Rechtsbruch dar“, so Bruhn.
Rüdiger Jürgensen, Geschäftsleiter VIER PFOTEN Deutschland warnt:
„Wir dürfen das Beheben dieses gravierenden Verfassungsbruchs nicht auf
die nächste Generation schieben. Doch genau darauf steuern wir zu, wenn
jetzt nicht eingegriffen wird.“
Sogar
die unzureichende Haltungsverordnung für Schweine besagt, dass die
Tiere zumindest ein Recht darauf haben, mit ausgestreckten Beinen ruhen
zu können. Halter sollten in einer Übergangsfrist bis spätestens 1992
dafür sorgen, dass dies möglich ist – doch nichts ist geschehen. Zuletzt
hatte das Magdeburger Gerichtsurteil im Jahr 2015 festgestellt, dass
die üblichen Kastenstände nicht den Vorgaben der Haltungsverordnung
entsprechen und deshalb illegal sind. Trotzdem verschließt die
Bundesregierung zugunsten der Agrarlobby seit Jahrzehnten die Augen vor
dieser tierquälerischen Haltungsform und plant offenbar, dies weiterhin
zu tun. Mit der geplanten Neuregelung soll die Übergangsfrist erneut um
weitere 17 Jahre verlängert, und danach lediglich die Zeit im
Kastenstand verkürzt werden.
Ina Müller-Arnke, Nutztier-Expertin bei VIER-PFOTEN:
„Dass Bund und Länder den bestehenden Rechtsbruch weiterhin fortführen
wollen, ist skandalös. Wir fordern die Politiker auf, Regelungen zu
erlassen, die im Einklang mit den Gesetzen stehen. Es ist klar, dass der
Kastenstand gänzlich abgeschafft gehört und jede Neuregelung, die ein
Weiterbestehen des Kastenstandes vorsieht, nicht hingenommen werden
kann. Das Gutachten belegt schwerwiegende Rechtsbrüche und die
Unhaltbarkeit weiterer Übergangsfristen für Kastenstände. Eine Förderung
tiergerechter Haltungssysteme würde den Umbau zu artgemäßer Tierhaltung
beschleunigen.“
Natürliche
Verhaltensweisen werden durch die Haltung in einem Kastenstand
vollständig verhindert – dies ist ein Bruch mit dem bestehenden
Tierschutzgesetz. In der Intensivtierhaltung ist die tragende Sau längst
kein Mitgeschöpf mehr. Wochenlang bewegungsunfähig fixiert, werden die
Muttertiere als Gebärmaschinen missbraucht und nicht wie fühlende
Lebewesen behandelt. Sauen können sich in einem Kastenstand nicht einmal
um ihre eigene Achse drehen, geschweige denn ein Nest für ihre Ferkel
bauen oder Sozialkontakt mit ihnen pflegen. Wühlen und sich Bewegen sind
ebenfalls nicht möglich. Schon 2012 wies VIER PFOTEN in einem Gutachten
nach, dass die Kastenstandhaltung den Tieren nicht nur viel Leid und
Schmerzen zufügt, sondern die Schweine nachweislich krank macht.
VIER
PFOTEN regt nun eine Normenkontrollklage an, welche die
tierschutzwidrige Haltung von Sauen im Kastenstand endgültig verbieten
soll. „Wir bestärken Berlin darin, die Sauenhaltung ebenfalls in die
Normenkontrollklage mit aufzunehmen“, so Müller-Arnke abschließend.
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