HAMBURG, PLANET EARTH, MAY 2017
international@g20-2017.org
Aus aller Welt, gemeinsam gegen die G20!
Offener Brief an die Menschen in Hamburg
Liebe HamburgerInnen, moin. Ihr fragt euch sicherlich, wer euch hier schreibt.
Wir sind Menschen aus ganz Europa und der Welt, BürgerInnen oder
AktivistInnen aus vielen unterschiedlichen Netzwerken und aus allen
Gesellschaftsschichten. Wir sind unterschiedlichen Alters und haben
unterschiedliche politische Überzeugungen.
Wir sind die Menschen, die sich euch in eurer Stadt Hamburg den Protesten im
Juli anschließen wollen, wenn sich die Führer der 20 mächtigsten Länder im
Herzen der Stadt treffen werden. Ihr habt wahrscheinlich hauptsächlich von
den PolitikerInnen und den Medien von uns erfahren, die euch Angst vor uns
machen wollen, wenn sie uns als “Störenfriede” und “Krawallmacher”
bezeichnen. Mit diesem Brief wollen wir euch aber die Hand reichen, denn wir
sind alle der gleichen globalen Politik ausgesetzt, die auf genau solchen Gipfeln
beschlossen wird; wo einige Wenige denken, dass sie über all unsere Leben
entscheiden können.
Ihr seid roten, gelben und blauen Zonen ausgesetzt. Ihr habt Kontrollstationen,
Polizeikräfte und ihr Machinerie schon einmal in eurer Stadt gesehen als der
OSZE Gipfel stattfand. Leider werdet ihr davon bald noch viel mehr sehen. Wir
können uns gut vorstellen wie ihr euch fühlen müsst, wenn die Freiheit sich zu
bewegen, sich zu versammeln und dem normalen Leben nachzugehen von
euch und euren FreundInnen, NachbarInnen und KollegInnen ausgesetzt wird;
auch wenn es nur zeitweise ist.
Wir kennen diese Situation auch aus unseren Leben. In den letzten Monaten
sind wir in den USA auf die Straßen gegangen und haben im wachsenden
Widerstand gegen Trump millionenfach unsere Stimmen für ethnische, soziale
und Geschlechtergerechtigkeit erhoben; gegen die rassistische, sexistische,
islamophobe, homophobe, xenophobe, klimaleugnende und unternehmensgetriebene
USA, die Trump aufbauen will.
Wir wissen, dass viele von euch auch gegen die Rechten kämpfen, gegen die
AfD oder autokratische Führer wie Erdogan, und dass viele von euch unseren
Widerstand gegen den andauernden Export von Krieg in die ganze Welt teilen.
Sehr oft wird unser Versammlungsrecht – wie derzeit eures – in diesen Kämpfen
verletzt. Schon viele Jahre kämpfen wir, um unseren Planeten vor den
Gefahren des Klimawandels und der ökologischen Krise zu verteidigen, vor der
Enteignung und Verwüstung unserer Ländern durch multinationale Konzerne.
Einige von uns waren in North Dakota und haben ihre Körper gegen die Access
Pipeline eingesetzt. Andere von uns leisten Widerstand gegen die schon lang
anwährende Gewalt gegen den Amazonischen Regenwald – wie einige von
euch auch gegen das Kraftwerk Moorburg kämpfen oder gegen unnütze und
teure Megaprojekte wie die Olympischen Spiele oder für die
Rekommunalisierung der Wasser- und Energieversorgung.
Wieder andere von uns haben gegen undemokratische und korrupte Regime
demonstriert: in Brasilien (35 Millionen Menschen beteiligten sich im April an
einem Generalstreik gegen die Austeritätspolitik Temers), in Russland (in 100
Städten gab es Anti-Korruptionsproteste gegen den Premierminister
Medvedev), in Indien (im September kämpften 180 Millionen ArbeiterInnen
gegen Modis neoliberale Politik), in China (mit mehr als 100.000
Demonstrationen jedes Jahr), und in Südafrika (regelmäßige große und kleine
Demonstrationen gegen Zumas neoliberale Plutokratie). Diese Kämpfe von
unten zeigen, dass auch die BRICS Eliten nicht besser als die anderen G20
Staaten sind.
Letztes Jahr trafen sich viele von uns auf den Straßen Paris, um gegen die
Eliten, die unsere Leben mit immer weiteren Verschärfungen unserer prekären
Arbeits- und Lebensbedingungen bedrohen. Das „Loi Travail“ war ein
dramatischer Einschnitt für diese Entwicklungen in Europa; aber auch wir
wissen wie es ist in sogenannten Minijobs zu arbeiten, wie es Millionen junger
Menschen in Deutschland tun müssen – und auch wir mussten erleben wie sich
der Kampf – für jung und alt – in Zeiten des „Ausnahmezustands“ anfühlt. Doch
wir wissen, dass dieser Kampf ums Überleben und um Solidarität geht. Und ihr
– wie Menschen überall – habt diese Solidarität gezeigt, indem ihr
MitbürgerInnen der Welt, die vor Krieg, Hunger und Verwüstung fliehen,
willkommen geheißen habt, als ihr eure Wohnungen, Häuser und Städte für
Notleidende geöffnet habt. Es ist ziemlich offensichtlich; Merkels schmutziger
EU-Türkei Deal gegen Flüchtlinge repräsentiert weder euch noch uns.
Indes treffen wir häufig auf erbitterte Gegenwehr durch die Polizei und den
Staat, wenn wir unser Recht zu kämpfen, uns zu versammeln oder zu
protestieren, wahrnehmen. Die Regierungen von Hamburg, Deutschland und
den mächtigen G20 Staaten würden uns gerne verstummen lassen und uns aus
der Öffentlichkeit verbannen, damit sie sich nicht anhören müssen wie viele
und wie laut wir sind und dass sie uns nicht repräsentieren; weder in Afrika, in
Europa, in Amerika oder wo auch immer in der Welt.
Die Entscheidungen, die die „mächtigen 20“ im Juli in Hamburg diskutieren und
vorschlagen werden, sind die gleichen Politiken, die unsere Städte in
Spielwiesen für profitorientierte Immobilien- und Finanzspekulation verwandeln;
die Mieten werden unbezahlbar und die Lebenshaltungskosten steigen weiter;
Menschen werden aus den Stadtzentren verdrängt; unsere Nachbarschaften
werden unbewohnbar; öffentliche Dienste und Gemeingüter werden
privatisiert; und andere Maßnahmen werden getroffen, die das Leben für eine
immer größer werdende Mehrheit schwierig macht.
Sie sind die wahren Eindringlinge und Zerstörer unserer Städte. Wir
müssen uns vor ihnen verteidigen und schützen, gemeinsam!
Deshalb bitten wir euch, eure Stadt für uns zu öffnen und keine Angst vor uns
zu haben. Heißt uns stattdessen willkommen, wenn wir kommen um
gemeinsam unsere Stimme für soziale Gleichheit, Freiheit und Demokratie zu
erheben. Sie wollen Kapitalismus ohne Demokratie: Wir wollen Demokratie
ohne Kapitalismus. Das haben wir auch schon in Frankfurt, bei der Eröffnung
der Europäischen Zentralbank gefordert. Dort haben wir auch gelernt, dass
dort, wo die „mächtigen 20“ sind, wo der Kapitalismus und seine Gewalt ist,
keine Demokratie sein kann.
Wenn Trump, Erdogan, Putin, Temer, Modi, Zuma, Macri, Xi, May, Pena Nieto,
King Salman, Merkel und die anderen Gauner und Tyrannen sich treffen und
ihre nächsten Schritte zur Ausbeutung unserer Leben planen, müssen wir
aufstehen und sie aufhalten.
Wenn sie eine demokratiefreie Zone in Hamburg wollen, dann wollen wir
stattdessen ein G20-freies Hamburg.
In Solidarität mit euch, BewohnerInnen aus Hamburg, kommen wir im Juli
zusammen, um zu zeigen, dass eine andere Welt bereits existiert, eine Welt
alternativ zu ihrer. Wir werden die Stadt und ihre Aktivitäten
respektieren, weil wir uns wirklich freuen nach Hamburg zu kommen.
Wir freuen uns auf eure Kieze mit solch einer lebendigen Kultur, einem
starken Sinn für Freiheit und Solidarität, mit solch einer wichtigen
Geschichte von Kämpfen für soziale, ökologische, ökonomische und
bürgerliche Rechte für alle. Und wir hoffen, dass wir uns auf der Straße
treffen und uns gegenseitig kennenlernen!
Wir sind viele, wir sind laut und wir werden mit euch in Hamburg sein, um für
die ganze Welt sichtbar zu sein. Wir werden die Alternative zur heutigen Misere.
Bettina Müller, Attac (Argentina) +54-911 21772967 or +49-1573 4345184
Laurence Cox, National University of Ireland Maynooth (Ireland) +353-87 985
1029
Fanny Top, engineer (France) +33 6 04 45 00 25
Patrick Bond, University of the Witwatersrand (South Africa) +27-83 425 1401
Ilaria Riccardi, Bologna social centres (Italy) +39.348.9377873
Corinna Genschel (Germany) + 49 176 628 90 775
for the International G20 Coordination, international@g20-2017.org
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