DUH
verlangt von Verkehrsminister Alexander Dobrindt den Entzug der
Typzulassung für den als „Stadtauto“ beworbenen Euro 6 Benzin-Smart
angesichts bis zu 440-facher Überschreitung
der Laborgrenzwerte von Diesel-Pkw – DUH fordert von Daimler
Rückrufprogramm für alle bisher verkauften Schmutz-Smart und
Nachbesserung der Abgasreinigung – DUH setzt Daimlers Autovermietung
Car2go ein Ultimatum bis Monatsende zur Stilllegung der innerstädtisch
betriebenen ungefilterten Smart-Flotten in Berlin, Frankfurt, Hamburg,
München und dem Rheinland – heutige Wirtschaftswoche berichtet
ausführlich über die Messungen der DUH sowie des ADAC und die
eingeleiteten rechtlichen Schritte
Berlin, 12. Mai 2017:
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in einem Schreiben den
Vorstandsvorsitzenden
der Daimler AG Dieter Zetsche aufgefordert, den Verkauf des
Benzinmodells Smart fortwo 0.9 Turbo (Euro 6 – 66 kW) sowie aller
weiteren Benzin-Smarts (fortwo und forfour mit ähnlichem Abgasverhalten)
mit sofortiger Wirkung einzustellen. Grund dafür ist der
extrem hohe Partikelausstoß der Fahrzeuge im realen Fahrbetrieb. Bei
Straßenmessungen der DUH mit einem portablen Partikelanzahlmessgerät
(TSI P-TRAK 8525) wurde in Berlin im April diesen Jahres direkt hinter
einem Euro 6 Smart fortwo des Daimler-Autovermieters
car2go der Rekordwert von 440.000 Partikeln pro cm³ gemessen. „Ich habe schon viele schlechte Werte gesehen, aber solche Werte findet man sonst nur in den Abgasfahnen von Kreuzfahrtschiffen“, so
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die
Daimler AG verkauft derzeit nicht nur den nach Messungen unseres
Emissions-Kontroll-Instituts schmutzigsten Diesel-Pkw aus deutscher
Produktion (Mercedes B-Klasse 180 d),
was die Stickoxid-Emissionen angeht: Aktuelle Messungen der DUH im
Straßenverkehr sowie des ADAC zeigen, dass die Daimler AG mit dem Smart
fortwo 0.9 Turbo den europaweit am schmutzigsten gemessenen Pkw bei den
Rußpartikel-Emissionen verantwortet. Um schätzungsweise
50 Euro Kosten in der Abgasreinigung zu sparen, nutzt der schwäbische
Konzern, der in seiner Werbung vollmundig „Das Beste oder nichts“
verspricht, dabei eine von der Automobilindustrie in die
Abgasbestimmungen hineinverhandelte Regelungslücke für Benzin-Fahrzeuge
mit einer Benzineinspritzung vor (und nicht hinter) den Ventilen. Über
diesen Trick sieht sich Daimler im Recht, die Innenstädte mit
Rußpartikeln regelrecht zu fluten.
Alarmierende
Messungen gibt es auch vom ADAC. Selbst auf dem Labor-Rollenprüfstand
ist dieser smart fortwo 0.9 turbo das „Schlusslicht beim
Partikelausstoß“, für ein Stadtauto
seien die Werte „untragbar“, so der ADAC. Nach dem aktuell geltenden
Prüfverfahren WLTC wurden 44,6 mg/km gemessen. Dies stellt eine
Überschreitung des Euro 6 Grenzwerts für Diesel-Pkw um das 10-fache dar.
Noch drastischer fällt die Überschreitung bei der
Betrachtung der Partikelanzahl aus: Die gemessene Partikelanzahl betrug
8.284 Milliarden Partikel pro km. Dies stellt eine Überschreitung des
Euro 6 Grenzwerts für Diesel-Pkw um das 14-fache dar. Noch extremer sind
die Partikelemissionen im ADAC-Motorway Labortest:
Die hier ermittelte Partikelmasse übersteigt den Grenzwert von 4,5
mg/km für Euro 6 Diesel-Pkw mit 136,1 mg/km um das 30-fache. Der
Grenzwert für die Partikelanzahl bei Diesel-Pkw Euro 6 wird mit 263.084
Milliarden Partikel pro km um das 440-fache überschritten.
„Es
ist unanständig – im Schwäbischen sagen wir: Es ist schäbig – wie
Daimler Chef Zetsche Profite maximiert und Qualität minimiert.
Ultrafeine Rußpartikel sind hochgradig
gesundheitsschädlich. Sie dringen über unsere Atemwege bis in die
Blutbahn und das Gehirn. Wir haben Anfang dieser Woche Zetsche
aufgefordert, den Verkauf aller Benzin Smarts mit hohen
Partikel-Emissionen mit sofortiger Wirkung zu stoppen und die bereits
ausgelieferten
Fahrzeuge mit wirksamer Abgasreinigung nachzurüsten. Darüber hinaus
muss die von Daimler betriebene Autovermietung car2go ihre Smarts in den
Städten Berlin, Frankfurt, Hamburg, München und dem Rheinland so lange
stillzulegen, bis ihre Abgasreinigung nachgebessert
wurde“, so Resch.
Beworben
werden die aktuellen insgesamt 11 unterschiedlichen Smart Modelle mit
Benzin-Motoren im Daimler/Smart Internetauftritt ausgerechnet mit einem
„Öko-Trend“ Zertifikat.
Nachfragen der DUH beim Öko-Trend Institut für Umweltforschung an
diesem Montag, 8.5.2017, führten nach einer anfänglichen Verteidigung
der Richtigkeit dieser bis August 2017 ausgestellten Zertifikate keine
24 Stunden später zu einer Ankündigung, diese für
die Zukunft nicht erneut auszustellen. Gleichzeitig wurde die Bewertung
der Abgasemissionen auf der Öko-Trend Webseite für den Smart forfour in
den letzten vier Tagen zweimal geändert Die DUH fordert Daimler auf,
die irreführenden Werbeaussagen zur aktuellen
Smart fortwo Baureihe zu beenden. Einmal mehr täuscht Daimler die
Verbraucher in seiner Smart-Werbung mit der Behauptung,
„Kraftstoffverbrauch und Abgasemissionen erhielten die Note „sehr gut“.
Die
DUH sieht in dem Fall einen Verstoß gegen die Zulassungsbestimmungen
der Europäischen Kommission und hat sich daher auch an
Bundesverkehrsminister Dobrindt gewandt und diesen
aufgefordert, die Typzulassung für Benzin-Smarts mit diesen beim Modell
0.9 turbo gemessenen Partikelemissionen zu entziehen. Die immens hohen
Realemissionen des Smarts stellen nach Ansicht der Umwelt- und
Verbraucherschutzorganisation einen Verstoß gegen
die Erwägungsgründe der Verordnung (EU) Nr. 459/2012 der Kommission vom
29. Mai 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und der
Verordnung (EG) Nr. 692/2008 hinsichtlich der Emissionen von leichten
Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 6)
dar. Diese besagen in Absatz (6): „In der Verordnung (EG) Nr.
692/2008 wurde für die Partikelzahl ein Grenzwert von 6 × 10 11 /km für
Euro-6-Dieselfahrzeuge festgelegt. Nach dem Grundsatz der
technologieunabhängigen Gesetzgebung sollte für Euro-6-Fahrzeuge
mit Fremdzündungsmotoren derselbe Emissionsgrenzwert gelten, da nichts
darauf hindeutet, dass Partikel aus Motoren mit Fremdzündung eine
geringere spezifische Toxizität aufweisen als Partikel aus
Dieselmotoren.“ An anderer Stelle führt diese Verordnung die
gesundheitliche Relevanz an: „Die von Fahrzeugen ausgestoßenen Partikel
können sich in den Lungenbläschen von Menschen ablagern und zu
Erkrankungen der Atmungsorgane und des Herz-Kreislauf-Systems sowie zu
erhöhter Sterblichkeit führen. Ein hohes Maß an Schutz
vor solchen Partikeln liegt daher im öffentlichen Interesse.“
Die
mit dieser Verordnung 2014 eingeführten Grenzwerte für die
Partikelanzahlemissionen wurden auf Druck der Automobilindustrie auf die
„Fremdzündungsmotoren“ beschränkt,
„bei dem der Kraftstoff in die Ansaugluft gespritzt wird, nachdem
diese die Einlassventile passiert hat“ (715/2007 neu: Art. 3 (18)) und
dies wie folgt begründet: „Nach heutigem Wissensstand haben
konventionelle Fremdzündungsmotoren mit indirekter Einspritzung,
bei denen der Kraftstoff in den Ansaugkrümmer oder den Ansaugkanal und
nicht direkt in den Brennraum gespritzt wird, einen niedrigen
Partikelausstoß.“
Mehr Informationen unter:
http://l.duh.de/p120517
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